Solidarität mit den politischen Gefangenen weltweit

Cottbus / Chosebuz, 10. Juli 2014. Zum Ende des Freiheits- und Demokratiefestes in der Gedenkstätte Zuchthaus Cottbus steht die Solidarität mit den politischen Gefangenen weltweit im Mittelpunkt. Das Menschenrechtszentrum Cottbus (MRZ) und die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) wollen am 12. Juli ab 16 Uhr bis zum Beginn der letzten Fidelioauführung auf dem früheren Zuchthausgelände um 21 Uhr auf der Zufahrtstraße der Gedenkstätte mit symbolischen Gefängniszellen auf die Lage der politischen Gefangenen in Russland, Kuba, Pakistan, Iran und China aufmerksam machen.

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Einzelschicksale erhellen die Menschenrechtslage weltweit

Für die Gefangenen Sergej Resnik in Russland, Sonia Garro Alfonso in Kuba, Asia Bibi in Pakistan, Majid Tavakoli im Iran und Gao Zhisheng in China setzen sich im Rahmen eines Patenschaftsprogramms Abgeordnete diverser Parlamente ein. Eingeladen dazu hat die IGFM, die zugleich hofft, dass weitere Abgeordnete den Weg nach Cottbus findet, um für eine halbe oder ganze Stunde symbolisch den Platz in der Zelle eines Gefangenen einzunehmen.

Auf jeden Fall dabei ist der Landtagsabgeordnete und Vorsitzende des Menschenrechtszentrums Cottbus Dieter Dombrowski (CDU), selbst ehemaliger politischer Häftling. Ab 18 Uhr will er als Pate für den iranischen Gefangenen einsitzen. Selbstverständlich können sich auch die Besucher der Fidelio-Aufführung und andere Bürger an der Solidaritätsaktion beteiligen, über die die Angehörigen der Gefangenen informiert sind.

Die Zellenaktion in Cottbus ist Start einer Sommeraktion, mit der die IGFM in mehreren Städten für mehr Aufmerksamkeit gegenüber menschenrechtsverletzenden Regimen und für den persönlichen Einsatz für die politischen Gefangenen weltweit werben will.

Die politischen Gefangenen, die stellvertretend als Einzelschicksal vorgestellt werden:

    • Sergej Resnik, Journalist,
      hatte aufgedeckt, dass sich Kommunalbeamte in der Region Rostow/Russland im Zusammenspiel mit anderen Behörden bei der Privatisierung von Kommunalwohnungen die eigenen Taschen vollstopften und stellte die Ergebnisse seiner Recherche ins Internet. Nach Drohungen und körperlichen Angriffen wurde er schließlich Opfer fingierter Anklagen, deren Verfahren schachtelartig so geführt wurden, dass er seit November 2013 in Haft ist und gleichzeitig als Wiederholungstäter hingestellt werden kann, um ihn in einem finalen Verfahren wegen Uneinsichtigkeit zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilen zu können.

    • Sonja Garro Alfonso, Krankenschwester,
      ist Mitglied der "Damen in Weiß" in Kuba. Wegen ihrer Teilnahme an den Demonstrationen und ihrer regimekritischen Äußerungen verlor sie 2008 ihren Job als Krankenschwester und wurde seitdem immer wieder eingeschüchtert und bedroht. Bei dem Versuch, die Messe von Papst Benedikt XVI am 28. März 2012 zu besuchen, wurde sie zusammen mit zwei weiteren Dissidenten verhaftet. Sie befindet sich in Einzelhaft in dem für Folter berüchtigten Hochsicherheitsgefängnis Combinado del Este nach Havanna. Wegen "Erregung öffentlichen Ärgernisses" und Angriffs auf die staatliche Autorität fordert die Staatsanwaltschaft zehn Jahre Haft.

    • Asia Bibi, Tagelöhnerin,
      wurde am 8. November 2010, wegen angeblicher Gotteslästerung zum Tode verurteilt und sitzt seitdem in einer Todeszelle. Die pakistanische Christin war Vorarbeiterin von muslimischen Feldarbeiterinnen, die ihr ihre Stellung neideten. Als Frau Bibi im Juni 2009 den Arbeiterinnen Wasser in einem Krug brachte, wiesen sie Frau Bibi daraufhin, nicht daraus trinken zu können, denn er sei unrein, da er von einer Christin angefasst worden sei und sie forderten sie auf, sich zum Islam zu bekennen. Eine Menge herbeigeeilter Muslime wollten Asia Bibi lynchen, die Polizei rettete sie, doch dann wurde sie der Blasphemie bezichtigt und verhaftet. Minderheitenminister Bhatti und der Gouverneur der Provinz Punjab, Taseer, die sich für ein faires Verfahren einsetzten, wurden von radikalen Islamisten ermordet. Die letzte noch zuständige Instanz vertagt sich ständig und scheut aus Angst vor den Drohungen von Islamisten den fälligen und erwarteten Freispruch.

    • Majid Tavakoli, Student,
      wurde bereits dreimal wegen Beteiligung an Protestaktionen verhaftet; im Januar 2010 wurde er wegen "Teilnahme an illegalen Versammlungen" und wegen "Beleidigung des Obersten Führers" achteinhalb Jahren Haft verurteilt; im Mai 2011 wurde seine Haftstrafe um weitere sechs Monate verlängert, weil er am 7. Dezember 2010 gemeinsam mit einer inhaftierten Studentin einen Protestbrief veröffentlicht hatte. Majid Tavakoli trat aus Protest wegen der unerträglichen Haftbedingungen im Evin-Gefängnis in Teheran/Iran im Mai 2010 in den Hungerstreik. Seine Familie wird immer wieder von der Geheimpolizei schikaniert: Tavakoli soll sich von seinen eigenen Aussagen distanzieren und seine Gegnerschaft zur "grünen Revolution" erklären.

    • Gao Zhisheng, Rechtsanwalt,
      wurde am 22. Dezember 2006 wegen "Untergrabung der Staatsgewalt" zu drei Jahren Haft und fünfjähriger Bewährung verurteilt; wegen Verstoßes gegen die Bewährungsauflagen wurde die fünfjährige Bewährung in drei jährige Haft umgewandelt. Obwohl die Haftzeit abgelaufen ist, wird Gao Zhisheng im Shaya-Gefängnis der autonomen Provinz Xinjiang/VR China weiterhin festgehalten. Gao, einst als einer der zehn besten Rechtsanwälte Chinas gekürt, war einer der wenigen, die sich mit Menschenrechtsverletzungen befassten. Nach einem Brief an die obersten Führer Chinas, in dem er detailliert über unrechtmäßige Verhaftungen und Folter berichtete und die Internierung von Falun Gong Praktizierenden in Arbeitslagern und Gefängnissen anprangerte, schloss man seine Kanzlei im November 2005. Zhisheng verlor seine Anwaltslizenz, er und seine Familie wurden observiert, seine Mitarbeiter verhaftet und misshandelt. Er selbst entkam nur knapp einem Mordanschlag.

    Im IGFM-Patenschaftsprojekts setzen sich 149 Abgeordnete für 107 politische Gefangene ein.

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  • Quelle: red | Fotos: © Görlitzer Anzeiger
  • Erstellt am 10.07.2014 - 07:59Uhr | Zuletzt geändert am 20.07.2014 - 08:52Uhr
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