Motor Görlitz: Neißestadt soll kinderfreundliche Kommune werden

Motor Görlitz: Neißestadt soll kinderfreundliche Kommune werdenGörlitz, 20. September 2021. Entsprechend einer Empfehlung des Weltkinderhilfswerks der Vereinten Nationen hatte die "DDR" bereits 1950 den 1. Juni als Internationalen Kindertag festgeschrieben. Den ebenfalls von den Vereinten Nationen 1954 ins Leben gerufenen Weltkindertag datierte die alte Bundesrepublik auf den 20. September. Verankert im Osten als Feiertag der Kinder ist nach wie vor der 1. Juni, während der 20. September bundesweit eher Aktivisten auf den Plan ruft, aber kaum gefeiert wird.

Abb.: Nur zwölf Tage nach Kriegsende luden der sowjetische Stadtkommandant und die Stadtverwaltung zu einem Kinderfest im Stadthallengarten. Allerdings hat sich seitdem das, was unter kinderfreundlich verstanden wird, weiterentwickelt – zum Glück, denn zur "sozialistischen Kinderfreundlichkeit" gehörten auch Wochenkrippen, Zwangsadoptionen, Wehrerziehung und in Kauf genommene Gesundheitsgefährdung im System des Leistungssports
Foto: © Görlitzer Anzeiger
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Was Görlitz auf dem Weg zur kinderfreundlichen Kommune erwartet

Aber gegen zweimal Kindertag hat sich noch niemand gewehrt. Es passt also schon, wenn anlässlich des heutigen Weltkindertages das Kommunalpolitische Netzwerk Motor Görlitz e.V. vorschlägt, die Rechte von Kindern und Jugendlichen in der östlichsten Stadt Deutschlands verbindlich zu verankern und umzusetzen. Der erste Schritt in diese Richtung ist einfach: Die Stadt Görlitz braucht sich nur am Programm "Kinderfreundliche Kommune", das vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert wird, zu beteiligen.

Der Stein ist schon im Rollen, wie Motor-Sprecher Axel Krüger schildert: "Mit der Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne wurde abgestimmt, einen entsprechenden Antrag in den Stadtrat einzubringen. Wer Kinder und Jugendliche an die Stadt binden möchte, sollte sie ernst nehmen und an Entscheidungen beteiligen. Es gibt in Görlitz zudem besondere Herausforderungen. In unserer Stadt benötigt jedes fünfte Kind unter 15 Jahren staatliche Leistungen. Das ist eine fast doppelt so hohe Quote wie im Freistaat Sachsen. Für die großen Zukunftsaufgaben brauchen wir die junge Generation und müssen als gesamte Stadtgesellschaft alles tun, um niemanden zurückzulassen. Wenn wir uns heute nicht intensiv um die Kinder bemühen, gucken wir morgen ins Leere."

Das Programm "Kinderfreundliche Kommune" läuft über vier Jahre. Am Beginn steht eine Bestandsaufnahme ins Haus: Wo ist Görlitz bereits gut aufgestellt und wo gibt es Verbesserungspotenzial? Dazu werden auch die Kinder und Jugendlichen befragt. Auf Grundlage dieser Analyse erstellen Akteure aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen einen auf Görlitz abgestimmten Aktionsplan. Darin werden Maßnahmen zur Umsetzung der Rechte von Kindern und Jugendlichen festgelegt. Wenn Zeitpläne, Verantwortlichkeiten und Finanzierung klar sind, sollte den Stadtrat nichts daran hindern, diesen Aktionsplan zu beschließen.

In den folgenden drei Jahren setzt die Stadt den Plan um und bindet dabei Kinder und Jugendliche intensiv ein, wobei der gesamte Prozess von Sachverständigen begleitet wird. Sichtbares Zeichen des Engagements ist ein international anerkanntes Siegel "Kinderfreundliche Kommune", das im Auftrag von UNICEF und Deutschem Kinderhilfswerk vergeben wird.

Görlitz wäre die erste sächsische Stadt, die diese Auszeichnung erhält – ein Alleinstellungsmerkmal, das die Attraktivität für Familien weiter erhöhen würde.

Vier Themen im Zentrum des Programms "Kinderfreundliche Kommune"

  1. Kindeswohl hat Vorrang

    Das Kindeswohl umfasst alle Lebensbedingungen junger Menschen. Insbesondere Gesundheit, Schutz vor Gewalt, sichere Räume sowie ausreichende Möglichkeiten für Bewegung, Spiel und Freizeit. Gehandelt wird nach den Zielen der UN-Kinderrechtskonvention. Bei allen Entscheidungen von Stadtrat und Verwaltung wird in einem Abwägungsprozess den Interessen der Kinder Vorrang eingeräumt.

  2. Rahmenbedingungen schaffen

    In einer kinderfreundlichen Kommune gibt es Anlaufstellen für Kinder und Jugendliche. Sie sollen Bindeglied sein zu Politik und Verwaltung. Dabei kann es sich um Kinder- und Jugendbüro handeln oder es kann eine Interessenvertretung aufgebaut werden.

  3. Beteiligung ermöglichen

    Kinder und Jugendliche wollen mitarbeiten und ernst genommen werden. Vielfältige Beteiligungsmöglichkeiten für die junge Generation ermöglichen das. Eine gute Möglichkeit ist ein Kinder- und Jugendstadtrat, ein Kinder- und Jugendbeirat oder ein ähnliches Gremium. Die Stadt entscheidet eigenständig über die Ausgestaltung und stellt Kindern und Jugendlichen ein eigenes Budget zur Verfügung. Damit können die jungen Görlitzer selbst entscheiden, welche Projekte umgesetzt werden. Das Prinzip ist vergleichbar mit den Budgets in den Stadtteilen mit den Bürgerräten.

  4. Informationen bereitstellen

    Nur wer weiß, welche Rechte es gibt, kann sie auch einfordern und sich beteiligen. Görlitz informiert deshalb umfänglich über Kinderrechte, Maßnahmen für die junge Zielgruppe und berichtet regelmäßig zur aktuellen Situation. Kinder und Familien, die besondere Unterstützung benötigen, werden über Hilfen, Beratungsangebote und Anlaufstellen informiert.
Mehr:
www.kinderfreundliche-kommune.de

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  • Quelle: red | Foto: © Görlitzer Anzeiger
  • Erstellt am 20.09.2021 - 14:11Uhr | Zuletzt geändert am 20.09.2021 - 14:54Uhr
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