Von Gift, Galle und Erfolg im zur Sache! Mitteilungsblatt Oktober 2013

Görlitz, 8. Oktober 2013. Die Fähigkeit, etwas voraus zu denken, zeichnet den Menschen aus, vorausgesetzt, er benutzt sein Großhirn. Weit weniger anstrengend ist es, sich allein auf den Rest seines Gehirns zu verlassen und auf Säugetierniveau nur mit kurzem Horizont zu agieren und sich vor allem aufs Reagieren zu beschränken. Diese auch in der Lokalpolitik anzutreffende energiesparende Denkmethode endet in aller Regel im "kreativen Beharrungsvermögen": Keine Idee für eine Lösung, aber viele Ideen, warum die Lösungsvorschläge der Anderen nicht funktionieren. Wenn sich Dr. Peter Gleißner im aktuellen Mitteilungsblatt des zur Sache! e.V. vorausschauende Gedanken und Vorschläge zur Finanzierung des Landkreises Görlitz macht und ein Haushaltssicherungskonzept nach dem Vorbild der Ära des früheren Görlitzer Oberbürgermeisters Paulick fordert, dann folgt er der (Verwaltungen offenbar nicht immer so wichtigen) wichtigsten Grundregel jeder Unternehmensführung: Die Liquidität sichern! Der Görlitzer Anzeiger als unabhängige Plattform macht Informationen des zur Sache! e.V. - wie auch die von anderen demokratischen Organisationen in Görlitz zur Veröffentlichung bereitgestellten - zugänglich.

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Der Inhalt des aktuellen zur Sache!-Mitteilungsblatts

Thema: zur Sache! e.V.

zur Sache! e.V.

zur Sache! e.V. ist eine Wählervereinigung, die am 16. Februar 2009 in Görlitz gegründet wurde.

Das nachstehende sowie zum Download bereitgestellte Dokument gibt nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion, sondern die persönliche Auffassung des Verfassers wieder.

zur Sache! e.V.
Mitteilungsblatt Oktober 2013



Liebe Mitglieder,
sehr verehrte Damen und Herren,

dieses Informationsblatt unseres Vereins erscheint in der Zeit wichtiger Ereignisse in Görlitz. Wir wollen unseren Mitgliedern Informationen geben, die für die Beurteilung und Entscheidung anstehender Probleme wichtig sind. Unsere Bitte ist: Unterstützen Sie unsere Arbeit dadurch, dass Sie diese Informationen weitergeben oder uns wissen lassen, wer an diesem Mitteilungsblatt Interesse haben könnte.

Inhalt:
1. Gedanken zur Kreisumlage
2. Verpasste Chance
3. Salzkristalle 3. Teil
4. Vom Aufspringen auf fahrende Züge
5. Gift, Galle und Erfolg
6. Skarb z Glogowa (Der Schatz von Glogau)
7. Dr. Asfa-Wossen Asserate in Görlitz

1. Gedanken zur Kreisumlage


Der Haushalt des Landkreises ist in hilfsbedürftigem Zustand. Gründe dafür wurden pauschal der Öffentlichkeit zwar genannt, Hinweise, wo zu sparen und zu sanieren wäre, bisher aber öffentlich nicht diskutiert. Vergessen ist der Kreistag, als OB Paulick in einer Redemeldung versuchte, Einsparungspotentiale im Haushalt des Landkreises aufzuzeigen. Ihm wurde damals das Wort entzogen. Von ähnlichen Versuchen seines Nachfolgers ist bisher nichts bekannt geworden. Aber die Gefahr, dass Görlitz, bisher schon Meistzahler der Kreisumlage, bald noch stärker zur Alimentierung des Landkreises herangezogen wird, wächst. Deshalb das folgende Voraus-Denken.

Stadt und Gemeinden des Landkreises müssen die sogenannte Kreisumlage an den Landkreis abführen, um dessen Haushalt, also dessen Aufgaben zu finanzieren. Verständlich, dass die Höhe der Umlage, die den Gestaltungs-Spielraum der Kommunen schmälert, jeden Bürgermeister mit Sorgen erfüllt. Sie sind daran interessiert, diesen finanziellen Aderlass aus den gerade erst erhaltenen Schlüsselzuweisungen des Landes sowie den eigenen Einnahmen (Steuern und Gebühren) möglichst gering zu halten. Görlitz zahlt derzeit eine Kreisumlage von etwa 17 Millionen EURO.
Für den Landkreis ist die Kreisumlage neben den Zuweisungen des Freistaates die Hauptfinanzierungsquelle. Er kann zwar die Höhe dieser Steuer durch den Umlagehebesatz selbst steuern, bedarf aber dazu der Zustimmung des Kreistages. Und dort sitzen die Bürgermeister des Kreises.

Die Bürgermeister wissen, dass ein drastischer Rückgang der Schlüsselzuweisungen durch das Land vor der Tür steht. Reagiert ein Bürgermeister in seiner Gemeinde darauf mit einem höheren Hebesatz, dann hat er vielleicht anfangs höhere Steuereinnahmen. Er riskiert aber, dass seine Gewerbebetriebe durch die höhere Gewerbesteuer, die Landwirte durch die höhere Grundsteuer A oder die Gebäudebesitzer durch die höhere Grundsteuer B im Vergleich zu anderen Gemeinden zurückfallen. Beispiel: Eine hohe Grundsteuer B wiegt gerade in Görlitz schwer. Der hohe Leerstand belastet die Vermieter. Genau so aber sind die Mieter über die Nebenkosten und die Kommunen durch das Wohngeld betroffen.

Deshalb ist die Forderung natürlich, der Landkreis solle erst einmal effektiver sparen. Erst dann darf er den Hebesatz erhöhen. Eine Erhöhung ist nur statthaft, wenn der Landkreis sich nachweislich auf seine gesetzlichen Pflichtaufgaben begrenzt, wenn er den Grundsatz einer wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung beachtet, wenn die im Haushaltsplan veranschlagten Ausgaben vertretbar sind und die Leistungsfähigkeit der umlagepflichtigen Gemeinden dadurch nicht gefährdet wird. Wichtig ist die Durchforstung der Haushalte nach doppelten Aufgaben-Wahrnehmungen durch Kreis und Stadt, die ein Ende finden müssen. So meint es jedenfalls der Gesetzgeber. Papier aber ist geduldig.

Die befürchtete finanzielle Zwangslage für den Kreis und seine Kommunen ist längst mit elementarer Wucht eingetreten. Der Kreis lebt von der Substanz und der Haushalt der Stadt Görlitz zeigt, dass wir von nicht vorhandenem Eigenkapital abhängig werden. Dieser Haushalt ist auf der Einnahmen- wie der Ausgabenseite auf Treibsand gebaut, denn alle Planungen beruhen auf optimistischen Schätzungen. Jeder vernünftige Mensch weiß, dass solche Zahlen so realistisch sind wie Schnee in der Sahara. Ein Haushaltssicherungskonzept gleich dem der Ära Paulick, wie es auch die Rechtsaufsicht fordert, muss wieder aufleben.

Die Politik der „Leuchttürme“ ist gescheitert, ob es nun die Entwicklung des Berzdorfer Sees unter der Führung des Oberbürgermeisters oder das Luftschloss „Jugendzentrum“ ist. Das gilt auch für die neuen „Logos“ in Stadt und Kreis. Sie sind keine wirksame Öffentlichkeitswerbung, sondern unsinniges Geldverschwenden. Notwendig ist die Rückkehr aus dem Reich der Illusionen ins elementare Leben. Immer wieder muss an die Grundaufgaben einer Gemeinde erinnert werden:
1. Arbeitsplatzsicherung durch Qualifizierungs- und Weiterbildungsnetzwerke,
2. Verbesserung des Dienstleistungsangebotes im Tourismus,
3. Leistungsfähige Verkehrsverbindungen, denn jedes Schlagloch ist ein Ärgernis,
4. Wertschätzung und Hilfen für Familien und Kinder - nicht teure Audits, die keine Folgen haben werden.

Im Standortranking (SPIEGEL - Wirtschaft) haben in Deutschland neun Kreise sehr schlechte Noten erhalten. Und auch dort rangiert Görlitz mit Pommern zusammen noch auf einem der letzten Plätze.

Nun kontert das Landratsamt gegen solche Äußerungen, dass die Kosten für die vielerlei Sozialleistungen an Jugendliche, Bedürftige, Arbeitslose oder Behinderte die Stadt entlasteten. Da fließe das Geld doch in die Gemeinden zurück. Ein Bürgermeister (von Geislingen) verwahrt sich „gegen diese alte Leier, dass die Stadt überproportional vom Landkreis profitiere. Diese Leistungen kämen doch den Bewohnern des gesamten „Raumes“ Landkreis zugute…Ich kann deshalb nicht so tun, als wären dies Wohltaten alleine für die Stadt…So kann es nicht weitergehen“

2. Verpasste Chance

„Zur Sache!“ will mithelfen, in Görlitz eine Gesellschaft zu bauen, die größer ist als der heute schnell zu übersehende Kreis der an der Stadt Interessierten. Größtes Hindernis auf diesem Weg ist der fehlende Wille der in Görlitz bestimmenden wenigen Stadtpolitiker. Sie haben 20 Jahre lang Hintergrundsmacht angehäuft, waren aber nicht bereit, möglichst viele Bürger, vor allem jüngere Leute und zugezogene Neubürger, an der Verwaltung der Macht zu beteiligen. Zwar klagen diese Altpolitiker über das fehlende oder weiter nachlassende Interesse der Bürger an der Stadtpolitik und das unerfreuliche Urteil der Öffentlichkeit über den durch sie geprägten Stadtrat. Wenn es aber darauf ankommt, wird die Wagenburg geschlossen und die Macht im kleinen Kreis weitergegeben.

Im September 13 meldete das Informationsblatt der Freien Wähler im Kreistag, dass das Mitglied der „Bürger für Görlitz“ Dr. Michael Wieler als Nachfolger für den ausscheidenden Dr. Rolf Weidle in den Kreistag nachrückt. Damit besetzt Dr. Wieler nun die folgenden Posten:
1. Bürgermeister der Stadt Görlitz, Dezernat II , Bürgermeister für Ordnung / Sicherheit / Bau / Kultur / Sport. Es ist das umfangreichste Dezernat, das die Stadt vergibt, eine nicht leichte Bürde, an der jeder Amtsinhaber schwer zu tragen hat.
2. Kreistags-Mitglied für die „Bürger für Görlitz“,
3. Stellv. Vorsitzender der Fraktion der „Freien Wähler“,
4. Geschäftsführer der Görlitzer Kulturservice Gesellschaft mbH,
5. Aufsichtsratsvorsitzender der Wohnungsbaugesellschaft (WBG)
6. Aufsichtsratsvorsitzender der „Europastadt Görlitz/Zgorzelec GmbH
7. Aufsichtsratsvorsitzender der Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz-Zittau GmbH

Wahrscheinlich ist diese Aufstellung unvollständig. Vor Jahresfrist bekam der Ehrenrat im Stadtrat unter CDU-Vorsitz auf Antrag von „Zur Sache!“ / SPD die Aufgabe, Transparenz, also Licht in das Postendickicht der Stadträte und des Bürgermeisters zu bringen. Ist es nicht merkwürdig, dass trotz unseres Drängens, endlich die Arbeit zu beginnen, keinerlei Anstalten dazu gemacht werden?

Es bleibt die entscheidende Frage, ob die Aufgaben der einzelnen Posten des Bürgermeisters überhaupt im Interesse der Stadt Görlitz unter einen Hut zu bringen sind. Das besonders, nachdem zumindest die im ersten Amt gebotene Loyalität zum vorgesetzten Oberbürgermeister bei ihm vermisst wurde. Berüchtigt bleibt Wielers Rede zum Jubiläum der Synagoge, als er in seiner Ansprache erst als Bürgermeister der Stadt und dann als Mitglied der „Bürger von Görlitz“, ohne zu stocken, sich gegenseitig ausschließende Ziele empfahl. Als „Bürger für Görlitz“ riet er dem Synagogenverein, die „Führung“ des Hauses zu übernehmen, als Baubürgermeister gab er zur gleichen Zeit an OB Paulick Informationen, warum der dem Verein diese „Führung“ verweigern müsse.

Dabei fühlt er sich auf sicherem Posten. Als Herr Wieler im Stadtrat gefragt wurde, wer denn nun den desaströsen Verlauf der Stadthallensanierung zu verantworten habe, kam die schnelle Antwort: “Natürlich der Stadtrat!“ Wie wenig dieser aber in der Lage ist, Kontrolle auszuüben, zeigt eine kleine Geschichte, die sich gerade im September zugetragen hat: Zwei Stadträte beklagten sich heftig bei der Verwaltung, welches Recht sie sich nehme, mehrere 30-km/h-Verkehrszonen einzurichten. Das sei ja fast „Geldbeschaffung durch die Stadt“. Antwort: “Das haben Sie doch beschlossen!“

Gefragt werden muss auch, ob die Fülle der Pflichtaufgaben, die diese Funktionen beinhalten, von einer einzigen Person mit der Kraft einer Person zuverlässig erfüllt werden können, selbst bei übermenschlichem Einsatz. Da muss man daran erinnern, dass Herr Wieler in seiner inzwischen abgelaufenen Intendantenzeit nie den Versuch unternommen hat, das Theater auf finanziell gesunden Boden zu stellen. Hatte er keine Zeit dafür? Bis heute wurde nie die Frage beantwortet, wie weit der geringe Erfolg der Landesausstellung organisatorische Mängel zur Ursache hatte, die zum Beispiel durch Ausfall von Ausstellungsorten nur eine „halbe“ Landesausstellung möglich machten.

Was lässt sich gegen diese Kritik erwidern? Etwa, es sei doch in der Amtszeit des Baubürgermeisters vorwärts gegangen! Schauen sie doch, was alles passiert ist! Haben Sie die vielen Baukräne gezählt? Darauf antwortet ein treuer Hausvater: „Gerade das macht Sorgen, dass fast alles nicht aus der aktuellen Wirtschaftskraft der Stadt organisiert, sondern nahezu nur aus Rücklagen finanziert wurde.“ Gemeint ist das inzwischen verschwundene Tafelsilber der Stadt, die 50 Millionen EURO aus dem Stadtwerkeverkauf. So etwas zu tun ist keine Kunst, sondern simples Geldausgeben, wie es jede Hausfrau tut, die shoppen geht. Das Volk meint staunend, das ist ja wie bei Demiani, je mehr Kräne sich drehen, desto besser für die Stadt. Vergessen aber wird, dass dessen Baumaßnahmen von solide wachsender Wirtschaftskraft untersetzt waren.

3. Salzkristalle 3.Teil

Zwei Jahre sind vergangen, seit die Stadträte die Aufstellung der Skulpturen „Salzkristalle“ mit guten Gründen abgelehnt haben (siehe Mitteilungsblatt September 2011). Der erneute Antrag für den 71. Stadtrat, wenigstens einen Teil der Skulpturen im Uferpark der Stadt aufzustellen, wurde vor Stadtratsbeginn von den „Bürgern für Görlitz“ zurückgezogen. In der Vorlage sei „immer noch zu wenig Salz“, wurde als Grund genannt. Was witzig erscheinen sollte, war das Eingeständnis, es fehlt der sachliche Grund, warum die Stadt Görlitz etwa 20 000 EURO spendieren soll.

Ehe nun am dritten Versuch gebastelt wird, einen Zahlmeister für dieses missglückte Unternehmen zu finden, soll an die Vorgeschichte erinnert werden, die mit dem Görlitzer Stadtrat so viel zu tun hat, wie der Nordpol mit den Papageien.

Den Anstoß zu diesem deutsch-polnischen Programm gab ein Görlitzer Stadtrat der Grünen im Via-Regia-Landesverband ohne Abstimmung mit dem Stadtrat. Dieser Via-Regia-Verband ist der Förderung des Gedankens der europäischen Gemeinsamkeit verpflichtet und hatte mit diesem Thema einen Kunstwettbewerb angeregt. Die Skulpturen, die dabei entstanden, wollte aber keine deutsche oder gar polnische Stadt haben. Es gab keinen Standort für ihre Aufstellung. Nun soll Görlitz den berühmten „Letzten“ spielen, „den die Hunde beißen“. Ist für solchen Spaß der Preis nicht doch etwas zu hoch?

4. Vom Aufspringen auf fahrende Züge

Kennen Sie den Unterschied zwischen Pragmatismus und Opportunismus? Wie heißt man einen, der erst etwas tut, wenn er weiß, wohin der Hase läuft oder wenn einer erst auf einen fahrenden Zug springt und später behauptet, er habe ihn in Bewegung gesetzt. Die Antwort auf diese Frage könnte der 71. Stadtrat geben:

In der Stadt wird nicht bestritten, dass der Antrag von „zur Sache! / SPD“ zur Drogenproblematik in Görlitz auf fruchtbaren Boden gefallen ist, ja eine heftige Diskussion in Bewegung gesetzt hat. Erstaunen erregt dabei, dass CDU und ihre „große Koalition“ diese Diskussion verzögerten, ja vielleicht sogar verhindern wollten. Dieser Eindruck, den die Öffentlichkeit gewonnen hatte, sollte während des 71. Stadtrates offensichtlich abgemildert werden. Denn mit einer kurzen, aber aufrüttelnden Ansprache verlangte die CDU, wann endlich die Alkoholiker-Gruppen von den großen Plätzen der Stadt entfernt werden. Darauf die wieder deprimierende Antwort des Bürgermeisters Wieler, etwa so: Das erlaubten die Gesetze nicht. Aber die Stadt plant Maßnahmen und ich versichere Ihnen, sie wird weiterhin planen. - Dazu doch unsere Frage, ob es sein kann, dass in Görlitz Alkoholiker VIP-Status genießen. Auch von CDU-Seite wurde angemerkt, warum denn Maßnahmen in anderen Städten möglich sind. Aber dabei blieb es.

„Zur Sache! / SPD“ heißt jeden auf dem anfahrenden Zug willkommen, der das Ziel hat, die Stadt kinderfreundlich, touristisch attraktiv und ästhetisch angenehm zu machen. Wir beanspruchen kein Erstgeburtsrecht, wir wollen nur endlich ankommen. Und wir werden nicht ruhen, bis auch die Stadt sich in Bewegung setzt und Unnatürliches unnatürlich nennt. Die CDU kann durch ihr Mitwirken beweisen, dass ihre Anfrage ernsthaft gemeint war.

5. Gift, Galle und Erfolg

Am 7. August 2011 schrieb die Neue Züricher Zeitung: “Görlitz hat es auf die Schweiz abgesehen. OB Paulick hat 1 500 Schweizer Firmen angeschrieben. Es ist das Angstszenario der Schweizer Wirtschaftsförderer.“ Herr Beutler von der SZ in Görlitz spuckte dagegen Gift und Galle über Paulick: “Unmut in der Schweizer Politik… (der Brief) hat für diplomatische Verärgerung gesorgt.“ Und BfG wie CDU bekräftigten dieses Urteil.

Inzwischen ist zu sehen, dass diese Idee der Anfang einer für Görlitz höchst erfreulichen Entwicklung war. Selbst die „Bürger für Görlitz“ bejubelten jetzt, dass ein weiterer Schweizer Anlagenbauer (Skan AG) Anfang 2014 in Görlitz-Hagenwerder mit seiner Produktion beginnen wird. Zuletzt hatten sich aus der Schweiz der Fahrzeugbauer Notterkran, der Metallbauer Rondom Biegetechnik und der Software/Tester Qcentris angesiedelt. Den Verursacher dieser glücklichen Entwicklung verschwiegen aber die „Bürger“ wie immer. Es war OB Paulick.

Deshalb greifen wir die politische Mythologie OB Deineges noch einmal auf: Vielleicht war seine Idee, erst einmal die (erfolgreiche) Luft aus dem Rathaus heraus zu lassen, doch nicht so gut. Denn die Frage steht: Was ist jetzt drin?

6. Skarb z Glogowa (Der Schatz von Glogau)

Es gilt die Regel: Was Wert und Dauer haben will, das muss von unten nach oben wachsen. Auch das Etikett „Europa-Stadt“ gewinnt kaum nur durch eine gemeinsame Stadtrats-Sitzung oder ähnliche Treffen „auf höchster Ebene“. Notwendig ist eine zunehmende Dichte der gemeinsamen Verbindungen „in den unteren Rängen“. Das Städtische Kulturhaus (MDK-Dom Kultury) in Zgorzelec lud jetzt zur Besichtigung des „Glogauer Schatzes“ ein. Ausgestellt wurden seltene Münzen und Unikate aus dem 11.-13. Jahrhundert aus Schlesien, der Lausitz und Polen. Zwei Glogauer Gärtner hatten 1987 in ihrem Garten 20 000 silberne Münzen dieser Herkunft ausgebuddelt.

Die Ausstellung bot die ideale Möglichkeit, zu zeigen, dass heute gesuchte Gemeinsamkeiten eine lange und durch Jahrhunderte erfolgreiche Tradition haben. Bei der Eröffnungsfeier der zweisprachigen Ausstellung waren nur 2 (zwei), aber überaus herzlich begrüßte Görlitzer anwesend. Die Enttäuschung über die geringe Teilnahme von deutscher Seite war zu fühlen. Deshalb auch die Frage, wozu wir denn die Kulturservice Gesellschaft, den Ausschuss für Kultur und viele andere Amtsträger haben.

7. Dr. Asfa-Wossen Asserate in Görlitz

Wie schade, dass ich im Rathaus nichts zu sagen habe. Sonst hätte ich dem Oberbürgermeister einen guten Tipp geben können: Am 3. Oktober war der äthiopische Literat, Historiker, Bestseller-Autor und Berater der Bundesregierung in Fragen Afrikas Asfa-Wossen Asserate wieder in Görlitz. Wegen seiner Verdienste um die deutsche Sprache hat er den Adalbert-Chamisso-Preis erhalten. Vor einem kleinen, aber feinen Publikum im Stadttheater führte er durch das „Reich der Tugenden“ genau so gekonnt wie er vor wenigen Jahren über „Manieren“ geschrieben hat. Gerade seine ethnische Distanz und die geschärften Sinne des gebildeten Äthiopiers befähigen ihn, Dinge zu sehen, für die wir weitgehend blind geworden sind. Dabei ist er vertraut mit der europäischen Gesellschaft, ihrer Mentalität, ihrer Sitten und Unsitten.

Asserate zählte Anmut und Demut (nebenher: Das Wort Demut ist aus dem mittelhochdeutschen „Mut zum Dienen“ entstanden) neben der Zivilcourage zu den wichtigsten Tugenden. Er ist wohl der erste, der auch den Zusammenhang zwischen Bildung und Benehmen klar betont. „Vulgär“ scheint ihm das Verhalten zu sein, bei der Betrachtung der Handlungen anderer zuerst das Allerniedrigste anzunehmen. Es ist mit den Tugenden wie mit dem guten Geschmack: Jeder meint sie zu besitzen. Aber ebenso viele meinen ohne sie auskommen zu können.

Anrührend seine Liebe zu Deutschland: „Die Deutschen sind doch eigentlich eines der glücklichsten Völker der Welt. Sie haben ein blühendes Land, sind ausgesprochen wohlhabend, international geachtet, blicken auf eine stolze Geschichte zurück. Deutschland hat der Welt auf allen Feldern…Kultur, Kunst oder Wissenschaft, unendlich viel gegeben…Sehen Sie sich dagegen Äthiopien an…arm, chaotisch, vom Bürgerkrieg gekennzeichnet. Trotzdem dankt der Äthiopier Gott an jedem Tag voller Stolz: “Herr, danke, dass ich ein Äthiopier bin!“ Mit elegantem Deutsch, charmant und mit Witz, subtile Ironie nicht auslassend, machte Asfa-Wossen seinem Namen alle Ehre. Asfa-Wossen heißt: „Erweitere Deine Grenzen!“

Wie habe ich es bedauert, dass diesem großartigen Freund Deutschlands und der Stadt Görlitz nicht der Weg ins Rathaus gezeigt worden ist. Welche Strahlkraft wäre in das Gästebuch der Stadt eingezogen und hätte in die Stadt zurück wirken können. Und großzügig, wie die Stadt ja immer war, hätte sie diesem Adligen des Geistes für einige Zeit, die er sowieso immer noch für Görlitz plant, mit dem Titel eines „Stadtschreibers“ ehren können. Wie schade!

Ihr Gleißner

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Mitteilungsblatt des zur Sache! e.V. Oktober 2013 (ca. 64KB)

Kommentare Lesermeinungen (1)
Lesermeinungen geben nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion, sondern die persönliche Auffassung der Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich das Recht zu sinnwahrender Kürzung vor.

Schweizer Investoren

Von Jens am 20.10.2013 - 17:18Uhr
Genau, damals wurde auf den OB Paulick mit medialer Gewalt eingeprügelt, heute sonnt sich ein anderer im Erfolg.

Ist Ihnen das nicht wenigstens ein bisschen peinlich, Herr Deinege?

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  • Quelle: red
  • Erstellt am 08.10.2013 - 10:45Uhr | Zuletzt geändert am 20.10.2013 - 21:24Uhr
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