Beliebtester Politiker kommt nach Görlitz

Beliebtester Politiker kommt nach GörlitzGörlitz, 3. April 2019. Von Thomas Beier. Robert Habeck, der derzeit als beliebtester Spitzenpolitiker Deutschlands gehandelt wird, kommt am 19. Mai zu einem öffentlichen Gespräch mit der womöglich beliebtesten Görlitzer Oberbürgermeisterkandidatin Franziska Schubert in die Europastadt an der Neiße. Das ist mehr als Wahlkampf: Für Görlitz dürfte das enorme positive Aufmerksamkeit bringen in einer Gesellschaft, die sich immer stärker weg vom "Weiter so!" oder "Alternativ!" hin zu einer vernunftorientierten Politik bekennt.
Abbildung: Wer hier Oberbürgermeisterkandidatin Franziska Schubert im Kreise ihrer Mitbewerber sieht, den würde Helmut Schmidt zum Arzt schicken

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Bundespolitiker trifft lokale Akteurin

Thema: Oberbürgermeisterwahl Görlitz

Oberbürgermeisterwahl Görlitz

Am 26. Mai 2019 wird in Görlitz im ersten Wahlgang über einen neuen Oberbürgermeister resp. eine neue Oberbürgermeisterin abgestimmt. Amtsinhaber Siegfried Deinege tritt nicht noch einmal an.

Robert Habeck ist seit Januar 2018 neben Annalena Baerbock Bundesvorsitzender von Bündnis90/Die Grünen, der einzigen Partei, die aus einer echten Fusion – den westdeutschen Grünen und dem ostdeutschen Zusammenschluss von oppositionellen Bürgerbewegungen, der 1991 zur Partei wurde – hervorgegangen ist.

Zu dieser auch die Bündnisgrünen genannten Partei, aus deren Reihen immer wieder mal wohlgemeinte, aber auf wenig Gegenliebe stoßende Vorschläge wie der Veggieday (auf Englisch: meat free day) hochgekocht wurden, sind einige Erläuterungen notwendig, trifft sie doch wie kaum eine andere Partei auf Vorurteile, die nicht zuletzt von politischen Wettbewerbern befeuert werden und bei so manchem Zeitgenossen tief eingeprägt sind. Erst neulich durfte ich im Wartezimmer ungewollter Zeuge eines Dialogs werden: "Wen soll man denn wählen?" – "Die Schubert ist ja ganz sympathisch, aber die Grünen, das geht doch nicht!" Naja, mit einem Blick ins Geschichtsbuch wird deutlich, dass sich da eine ganz andere Partei zur Nichtwahl qualifiziert hat.

Aber zurück zu den Bündnisgrünen: Die Partei, die ihre Wurzeln einerseits in der Friedensbewegung und der Anti-Atomkraft- und Umweltbewegung (deren Bedeutung sich angesichts von Tschernobyl und Fukushima bitter bestätigt hat) und andererseits in der Menschenrechts-, Umwelt- und Demokratiebewegung in der "DDR" hat (hier sieht Franziska Schubert ihre Wurzeln), vertritt heute mit pragmatischer Politik die Mitte der Gesellschaft – mit Erfolg, ist doch beispielsweise der streitbare Ministerpräsident von Baden-Württemberg, einem der wirtschaftlich erfolgreichsten Bundesländer, Winfried Kretschmann, ein waschechter Grüner, der – gerade deshalb? – gern mal missverstanden wird.

Überhaupt müssen sich heute Politiker – je näher am Bürger, umso stärker – an Fachkompetenz und erfolgversprechendem Handeln messen lassen. Da hilft es weder, beständig Zustände zu kritisieren und Schuldzuweisungen zu machen noch hilft es, große Visionen zu verkünden, die dann schon irgendwie bezahlt werden können – ein Prinzip, dass mich immer wieder an den tief in der russischen Mentalität verankerten Glauben, dass alles schon irgendwie gutgehen werde, erinnert.

Nein, es geht grad nicht gut, in der großen wie in der kleinen Welt. Kriege, Hunger, Protektionismus, Migration, Klima. Nur ein Beispiel: Wer glaubt, der Klimawandel sei herbeigeredet, braucht nur mit offenen Augen in die Landschaft zu blicken: Der Hitzesommer des vergangenen Jahres hat besonders Nadelbäumen zu wenig Wasser gebracht. Die Folgen wie Schädlingsbefall und mehr Windbruch werden erst jetzt sichtbar, stärker wohl noch im kommenden Jahr. Habeck zur Klima- und Energiewende-Diskussion: "So lange wir nicht bereit sind, unsere Lebensweise drastisch einzuschränken, müssen wir Wege finden, Energie einzusparen und Kohle und Atom durch Sonne, Wind und Wasser zu ersetzen. Auch die Erneuerbaren haben negative Seiten. Aber sie sind die bessere Alternative."

Und unmittelbar vor Ort, in der kleinen Welt, auf kommunaler Ebene? Da ist in Görlitz schon viel erreicht, bespielsweise ist die Stromversorgung durch die örtlichen Stadtwerke längst völlig unabhängig von Braunkohle. Sagen muss man auch: Die Politik einer Oberbürgermeisterin Franziska Schubert kann und wird keine grüne Grundsatzpolitik sein, sondern hier geht es um die Lösung anstehender, sehr konkreter Aufgaben und die Gestaltung der Stadtentwicklung zum Wohle aller Bürger. Allerdings ist es beruhigend, wenn das Handeln der Verwaltungsspitze weniger von parteipolitischem Machtkalkül als von vernünftigen Grundsätzen geprägt ist: Finanzielle Solidität, Nachhaltigkeit zum Wohle der Enkel, eine lebensfreundliche Umwelt, sozialer Ausgleich, Bildungszugang und -qualität und wirtschaftliche Prosperität so in den Mittelpunkt zu stellen, dass die Stadtgesellschaft insgesamt profitiert – für die ausgewiesene Haushaltsexpertin Schubert ist das bei allen Herausforderungen wohl eher das kleine Einmaleins und eine grundsätzliche Frage.

Im Management gilt eine grundlegende Weisheit: Ist das Ziel falsch, sind auch alle für dieses Ziel eingeleiteten Maßnahmen falsch. Davon abgesehen, dass so mancher Politiker seine Ziele wohl an der Wetterfahne festmacht, sind auch bestimmte Maßnahmen wenig erfolgversprechend, weil sie nicht am wirkungsvollsten Punkt ansetzen. Da werden schon mal Millionen Euro an Fördergeldern verdampft, um etwas aus dem Boden zu stampfen, das keine Wurzeln hat, Beispiele finden sich in Kultur und Wirtschaft zur Genüge. Wer tatsächlich Entwicklungen einleiten will, muss Hindernisse wegräumen, so, als wenn man dem Fluss des Wassers eine Richtung geben möchte. Hindernisse zu beseitigen erzwingt geradezu, Betroffene zu Partnern zu machen, die Gesellschaft also nicht in Gewinner und Verlierer einzuteilen, sondern eine Gesellschaft insgesamt voranzubringen.

Auf das Gespräch zwischen Habeck und Schubert kann man gespannt sein: Der Schriftsteller und kluge Beobachter auf Bundesebene und die bodenständige Oberlausitzerin, die als Soziodemografin die Herausforderung annehmen will, in der Stadt Görlitz die Wirtschaft, die Struktur und das Miteinander der Stadtgesellschaft und soziale Belange voranzubringen. Wie man dem bisherigen Wahlkampf entnehmen kann, scheint sie als einzige unter den Kandidierenden eine klare Vorstellung davon zu haben, was zu tun ist.

Wer von den Görlitzern Franziska Schubert noch nicht persönlich kennt, kann sich hier auf die Begegnung vorbereiten.

P.S.: Wie bei jeder anderen Partei braucht man ja auch bei den Bündnisgrünen nicht allen Positionen zu folgen. Wirft man aber Werte wie Anstand, Aufrichtigkeit und Verantwortung, gegenseitige Wertschätzung, Fachkompetenz, Kooperationsfähigkeit und Einbeziehung Betroffener, lokale Verwurzelung, transparente Entscheidungsfindung und ebensolches Handeln, Folgenabschätzung und nicht zuletzt eine solide und von Expertise geprägte Finanzpolitik in die Waagschale, macht das die Wahlentscheidung viel einfacher.

Kommentare Lesermeinungen (5)
Lesermeinungen geben nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion, sondern die persönliche Auffassung der Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich das Recht zu sinnwahrender Kürzung vor.

OB Schubert

Von Franz Müller am 29.04.2019 - 07:59Uhr
Werte Redaktion,

solch einen Artikel habe ich das letzte mal im SED-Staat gelesen. Er strotzt ja nur so von Wahlwerbung für Frau Schubert. Woher will der Redakteur all die guten Dinge von Frau Schubert wissen. Eine äußerst subjektive und wohl eher persönliche Einschätzung wird hier als unabhängiger Journalismus verkauft.

PS Populismus macht u. a. seit Jahren die Regierungsmannschaft. Nichts anderes ist es, Alls wenn großen Worten und Versprechungen keine Taten folgen.

Sonnen Sie sich weiter, aber der Strom wird von Ideologen abgeschaltet.
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Antwort der Redaktion:

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Auffassung des Verfassers, nicht unbedingt der Redaktion, wieder. Der aufmerksame Leser kann leicht nachvollziehen, dass im Artikel nur wenige, allgemein bekannte bzw. leicht nachvollziehbare Ausssagen über Frau Schubert enthalten sind: wo sie ihre Wurzeln hat, keine grüne Grundsatzpolitik, ausgewiesene Haushaltsexpertin, bodenständige Oberlausitzerin, Soziodemografin, welche Herausforderung sie annehmen will, dass sie ein klare Vorstellung hat, was zu tun ist.

Beliebtester Politiker

Von Jens am 16.04.2019 - 09:22Uhr
Von wem ist denn der Habeck der beliebteste Politiker? Doch nicht etwa von Redakteur? Nein, das wäre ja interessengesteuerte Berichterstattung, doch nicht hier, oder?

Oder etwa, weil er (Habeck) aussieht, als wäre er selbst um 20 Uhr gerade erst aufgestanden und man möchte ihn am liebsten knuddeln? Warum soll er sonst beliebt sein, wenn er den Steuern zahlenden Bürgern alles Schöne verbieten und reglementieren will oder weil er mit den 0,0000005 % Wirkung, welche die sogenannte Energiewende auf das Klima unserer Erde hat die Welt retten will? Der Görlitzer Anzeiger sollte sich im Wahlkampf neutral verhalten alle Kandidaten gleich behandeln, wie es die journalistische Sorgfalt gebietet. Falls nicht, muss ich ihn leider aus der Lesezeichenliste der täglichen Lektüre löschen.
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Antwort der Redaktion:

Die Aussage, Robert Habeck sei der beliebteste Politiker, bezieht sich auf das Politbarometer, basierend auf einer Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen für das ZDF, nachzuvollziehen hier:
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/robert-habeck-laut-politbarometer-wichtigster-politiker-in-deutschland-a-1260077.html

An Spekulationen, was Herr Habeck persönlich will, beteiligen wir uns nicht. Bedenken sollte man jedoch, dass jede Partei eine ganze Bandbreite unterschiedlicher Ansätze vereint, davon einzelne jeweils auf eine Partei zu verallgemeinern, wäre eine Verzerrung.

Ansonsten gilt: Journalistische Sorgfalt gebietet, nicht allen Entäußerungen menschlichen Geistes oder Ungeistes gleichermaßen eine Bühne zu bieten; beispielsweise verzichten wir auf die Weiterverbreitung populistischen Gegackers. Das Recht auf freie Meinungsäußerung beinhaltet nicht das Recht auf kostenlose Weiterverbreitung.

OB Wahl

Von Bernhard Zimmermann am 15.04.2019 - 15:54Uhr
Deutschland hat nur eine Chance und die ist Blau..Sonst werden wir geflutet und riskieren Dieselfahrverbote

"Wichtig ist -- nur, ---dass die AfD...übernimmt"

Von Thomas John am 08.04.2019 - 16:36Uhr
Die AfD hat weder Görlitz noch Sachsen zu "übernehmen".

Seltsam, dass es so nach Machtergreifung klingt. Aber das bilde ich mir sicherlich nur ein und ist überhaupt nicht so gemeint gewesen.
Meine Stimme bekommt diese Partei jedenfalls nicht, solange das Parteiprogramm sich wie die Idealvorstellung der BRD vor 1968 liest.

Habeck

Von Rastray, Michael am 05.04.2019 - 16:17Uhr
Wichtig ist --nur, ---dass die AfD Görlitz und im September Sachsen übernimmt! !!

Mit einer grünen OB wird m. E. Görlitz mit noch mehr illegalen Migranten geflutet und wir riskieren Dieselfahrverbote.

Wollt ihr das?

Habeck braucht niemand. Wir sollten ihn mal zu den Braunkohlekumpels schicken. dort sieht er Menschen die arbeiten.

Wollt ihr das?

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  • Quelle: Thomas Beier | Foto: @ Görlitzer Anzeiger
  • Erstellt am 03.04.2019 - 10:56Uhr | Zuletzt geändert am 01.05.2019 - 00:38Uhr
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