Polarisierender Wahlkampf in Görlitz

Görlitz. Das Rennen um die Position des Oberbürgermeisters in Görlitz - die Abstimmung ist am 22. April 2012 - ist im vollen Gange. Mit den Bewerbern Siegfried Deinege und Joachim Paulick verbindet sich nicht nur die Wahl der Personen, sondern die Entscheidung über grundsätzliche Positionen und Verhaltensweisen im politischen Geschäftsbetrieb.

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Von der Siegfried-Stelle und politischer Moral

Thema: Oberbürgermeisterwahl Görlitz

Oberbürgermeisterwahl Görlitz

Am 26. Mai 2019 wird in Görlitz im ersten Wahlgang über einen neuen Oberbürgermeister resp. eine neue Oberbürgermeisterin abgestimmt. Amtsinhaber Siegfried Deinege tritt nicht noch einmal an.

Kommentar

Vor allem seit seinem CDU-Austritt fährt Paulick eine klare Linie für die Interessen der Stadt Görlitz und erntet dafür Gegenwind von den gewählten Machthabern im Freistaat, im Landkreis, in den Parteien, nichtzuletzt in Form von einigen Stadträten, die sich geradezu infantil gebärden.

Politik für Partei-Interessen oder für die Bürger?


Paulick will sich nicht der "Diktatur der Hinterzimmer", wie er es nennt, beugen. Gemeint sind die Hinterzimmer, in denen die politischen Strippenzieher sitzen, denen es, so die verbreitete Meinung, mehr um Macht als um Bürgerwohl geht. Beliebt macht sich Paulick mit seiner Haltung bei den Berufs- und Amateurpolitikern in den Parteien nicht. Gleichwohl: Die Zusammenarbeit mit Land, Kreis und anderen Gremien auf der Sachebene, auch Arbeitsebene genannt, funktioniert. Vor allem mit seinem Engagement nach der letzten Flut hat Paulick auch bei den Bürgermeistern in anderen betroffenen Gemeinden Punkte gesammelt. Paulick ist als unabhängiger Kandidat außerdem nicht in der Zwickmühle, auf einzelne Parteiinteressen Rücksicht nehmen zu müssen.

Was nicht funktioniert ist das, was man Beziehungsebene zum politischen Gegner nennt - wer Beispiele dafür sucht, möge sich anhand einschlägiger Bundestagsdebatten informieren. Vielleicht treibt den als bürgernah beliebten Paulick genau das, was auch viele Bürger in Anbetracht des zuweilen zum Politzirkus verkommenen demokratischen Findungsprozesses bewegt - Bürger, die den Glauben an die Versprechungen von oberflächenpolierten windschlüpfrigen Politikern längst verloren haben. Eine geradezu logische Konsequenz ist es, dass er einen bunt zusammengewürfelten Block aus der Politszene gegen sich aufgebracht hat: Bündnisgrüne, FDP und die durch seinen Austritt geschmähte CDU sowie ein Wählerverein haben einen von der Linkspartei unterstützten eigenen Oberbürgermeisterkandidaten mit fragwürdiger SED-Funktionärsvergangenheit aufgestellt.

Die Friedliche Revolution würdigen oder wieder SED-Altkader?

Da, in seiner DDR-Vergangenheit, hat Herausforderer Siegfried Deinege seine Siegfried-Stelle*). Die Fassade des bis zu seinem aktiven Eintritt in die Politik in Görlitz durchaus hochgeschätzten Industriemanagers bröckelt und legt offen, dass das "Hocharbeiten" vom Schmiedeingenieur und Schichtleiter zum Werkleiter in der Industrie eine Karriere war, die von seinen Aktivitäten als aktives SED-Mitglied (Parteisekretär) und "Verdienstvoller Kämpfer" (Auszeichnung) der Kampfgruppen zumindest begleitet, wenn nicht sogar bedingt und gefördert war. Auch für Deinege gilt, dass er Ansichten und Positionen ändern darf - schließlich ist der Kopf rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. Kann aber sein politisches Engagement im SED-Regime eine moralische Basis sein, heute ein großes kommunales Gemeinwesen zu führen?

Schon wird gemunkelt, seine berufliche Versetzung weg von Görlitz sei Folge des Prinzips "jeder steigt solange auf, bis er die Stufe seiner Inkompetenz erreicht hat" gewesen und der Oberbürgermeister-Posten sei lediglich willkommener Ausweg aus der beruflichen Situation.
Wie dem auch sei: Die Görlitzerinnen und Görlitzer werden mit der Oberbürgermeisterwahl zugleich entscheiden, ob wieder einmal einem Altkader die politische Wende gelingt - pikanter Weise auch von CDU Gnaden.

Unterschiedliche Wege zum Wohle der Stadt Görlitz

Unbestritten unterstellt werden darf Deinege wie Paulick, das Wohl der Stadt zu verfolgen - doch die Wege unterscheiden sich: Während Paulick auf Recht und Gesetz pocht und anstelle von Geheimdiplomatie lieber mal einen in klaren Worten verfassten Brief an Verantwortungsträger schickt, wähnt sich Deinege der Unterstützung der seine Kandidatur tragenden Interessengruppen sicher. Wie lange wird der Block aus Bündnisgrünen, CDU, FDP und Wählerverein, unterstützt oder zumindest toleriert von der Linkspartei, nach der Wahl wohl halten? Der politisch und in Verwaltungsdingen eher unerfahrene Deinege wird sehr schnell zwischen den Stühlen sitzen, wenn die Gruppierungen in ihre Schützengrabenmentalität zurückfallen. Deinege wird lernen müssen, dass er als Verwaltungschef kraft Gesetzes zu Handlungen gezwungen sein wird, die ihm die Feindschaft seiner jetzigen Gönner einbringen.

Aus "besten Beziehungen" zu einem Ministerpräsidenten und anderen CDU-Großkopfeten und damit verbundener Unterwürfigkeit wäre weniger Vorteil zu erwarten als aus beständiger Sacharbeit.

Genosse, das musst Du doch verstehen!

Das musste mal gesagt werden,

von Ihrem Fritz R. Stänker



*) Wer gerade gefehlt hat: Die verwundbare Stelle Siegfrieds im Nibelungen-Lied.

Kommentare Lesermeinungen (19)
Lesermeinungen geben nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion, sondern die persönliche Auffassung der Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich das Recht zu sinnwahrender Kürzung vor.

Wahlkampf in allen Ehren, aber...

Von Jens Jäschke am 10.04.2012 - 18:22Uhr
Wie steht die CDU zum dritten Gebot?

Als ich am Osterfeiertag die Goethestraße und den Weinberg entlang fuhr musste ich feststellen, dass im Namen der CDU auf besagter Strecke plakatiert wurde. Es verwundert mich schon sehr, dass eine christlich fungierende Partei an diesen Tagen entgegen dem 3. Gebot Gottes jemanden zur Arbeit sendet. Hier mal etwas Religionsunterricht für Nichtkundige aus den Parteireihen.

Das Dritte Gebot Gottes

> Wie lautet das dritte Gebot Gottes?

Das dritte Gebot Gottes lautet: "Gedenke, dass du den Sabbat heiligst."

> Was hat der Sabbat mit dem Sonntag zu tun ?

Der Sabbat ist im Schöpfungsbericht der Bibel der siebte Tag, der Ruhetag Gottes. Deshalb wird das Volk Israel im dritten Gebot aufgefordert, diesen Tag durch Gottesdienst, Gebet und Arbeitsruhe zu heiligen. Die Christen haben das dritte Gebot ganz selbstverständlich auf den ersten Tag der Woche, den Sonntag, übertragen, weil Jesus Christus am ersten Tag der Woche von den Toten auferstanden ist.

> Was gebietet das dritte Gebot ?

Das dritte Gebot gebietet uns, die Sonn- und Feiertage zu heiligen. Das heißt, an diesen Tagen die Heilige Messe andächtig mitzufeiern und die normale Berufs- und Werktagsarbeit zu unterlassen.

Auslastung bei Bombardier - Vision?

Von Ernst am 07.04.2012 - 16:22Uhr
@A.: Bei der heute in der SZ verkündeten Feststellung Deineges, das Görlitzer Bombardierwerk sei für 15 Jahre ausgelastet, muss es sich um einen Druckfehler oder eine behandlungsbedürftige Vision (á la Helmut Schmidt) handeln.

Schon 15 Monate gesicherte Auslastung wären für so ein Werk sicherlich toll, mancher Mittelständler wäre mit 15 Wochen oder gar 15 Tagen schon hoch zufrieden.

So richtig rausgekommen ist ja nie, weshalb Herr Deinege die Werkleitung abgeben wollte oder musste.

Typisch Stadtrat

Von Engert Sven am 07.04.2012 - 16:00Uhr
Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Schulze

eigentlich ist es ein Armutszeugnis, dass vier Fraktionen nicht in der Lage sind, eigene Kandidaten aufzustellen. Eigentlich kann man dazu nur sagen: Typisch Stadtrat von Görlitz.

Sie führen hier Gesetzesvorschläge von anderen Bundesländern an, hallo, wir sind Sachsen! Sie werfen Wahlbetrug vor, wo keiner ist, stellen hier Behauptungen auf, deren Grundlage es so nicht gegeben hat. Wo zu das alles?

Kommen wir doch mal auf das reale Leben zurück, ganz speziell zu Ihrem Kandidaten. Ich war bei mehreren seiner Veranstaltungen und das war sehr interessant, Euer Kandidat wird ja schön aus den Zuschauerreihen von den Fraktionen, die immer reichlich vertreten sind (wenn es nicht so wäre, würde Herr Deinege wahrscheinlich mit 5 oder 6 Wählern im Raum sitzen), gelenkt und gesteuert.

Was ich da höre sind immer seine Lieblingssätze wie "Ich habe da gestern einen getroffen" - für mich ist es fatal, dass er sich nicht mal den Namen des Geschäftsführers der WBG merken kann, den er da getroffen hat.

Seine Aussagen sind im Großen und Ganzen nur Luftblasen. Er sagt zwar, was er verändern will, aber weiß offensichtlich nicht, wie. Ja gut, das wird man lernen können so in zwei bis drei Jahren.

Eigentlich kann Herr Deinege einem nur leid tun, an vier Nasenringen den Görlitzern vorgeführt zu werden ist für so einen erfolgreichen Menschen bestimmt eine Umstellung - am besten Sie Fragen mal Ihre Ratskollegen von CDU und BfG, die haben ja dort schon Routine.

Was mich natürlich am meisten im Gleis 1 erstaunte: Dass ein OB-Kandidat das Konzept des Jugendzentrums schon gesehen hat, der amtierende OB aber nicht. Das zeigt mir wieder die Scheinheiligkeit der Görlitzer Lokalpolitik. Was mich am meisten beschäftigt ist, dass CDU und BfG hier Gespräche mit der Jugend bei einer Stadtratssitzung anboten haben. Hier muss man mit Verlaub mal fragen: wo waren diese Stadträte die letzten Jahre?

Unserer Görlitzer Jugend wird nun vorgegaukelt, dass es was wird mit dem Zentrum, das, Herr Prof. Dr., ist Wahlbetrug in meinen Augen, siehe Trauma Helenenbad - es sind ja Ihre Bündnispartner. Wichtig für sie ist doch erstmal die Stimmen zu haben, nach der Wahl kann man dann ja erklären, dass eine Finanzierung von Seiten der Stadt nicht geht. Wie es Herr Ursu schon so schön sagte: "Herr Oberbürgermeister, machen Sie doch einfach, was der Rat will, dann haben Sie auch Mehrheiten!“ - noch deutlicher kann man es ja kaum sagen.

In diesem Sinne ein schönes Osterfest Ich werde die Zeit nutzen, was aus meiner Sicht das Beste für unsere Stadt ist.

Mit freundlichen Grüßen

Engert Sven

Ein Stadtrat als Erzbösewicht?

Von Helmut am 07.04.2012 - 12:25Uhr
Wie Herr Prof. Dr.Schulze hier argumentiert ist so typisch für die Arbeit einiger Stadträte! Es wird auf Nebenplätze ausgewichen und verzerrt, was das Zeug hält.

Das Forum diskutiert die anstehenden Wahlen des Oberbürgermeisters, Herr Schulze diskutiert eine längst vergangene Stadtratswahl und versucht, ohne jedes Fundament damit einen der Kandidaten zu diskreditieren. Ein Schreiber gibt eine Leseempfehlung, woraus Prof. Dr. Schulze einen Vergleich seiner Person mit Erich Mielke ableitet. Von einem Wissenschaftler darf man doch etwas mehr Exaktheit in der Kommunikation erwarten?!

Zum Schluss stilisiert er sich selbst zum "Erzbösewicht" - Herr Prof. Dr. Schulze, so wichtig sind Sie nun auch wieder nicht.

Ach so, zu den "anonymen" Beiträgen: Das ist längst in der Rechtsprechung festgestellt, dass jeder frei entscheiden darf, ob er im Internet einer Datenspur hinterlässt. Ist jedoch der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert ... dann kommt´s darauf auch nicht mehr an. Das war jetzt aber nicht auf den Herrn Dr. Schulze bezogen, der als Professor sicher einen tadellosen Ruf hat!

Ironie vs. Scheinfakten - von Prof. Dr. Schulze

Von Frank Georg am 07.04.2012 - 11:43Uhr
Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Schulze,

ich weiß nicht, ob Sie es nicht wollen - langsam habe ich die Vermutung, Sie können es nicht begreifen: Herr Paulick hat vor der Wahl mehrmals bekundet, dass er im Falle einer Wahl dieses Mandat NICHT annehmen würde. Somit kann von "Verrat an einer der wichtigsten Errungenschaften..." nicht die Rede sein.

Auch wenn Sie Ihre falsche Behauptung immer und immer wieder in die Öffentlichkeit bringen - sie wird nicht wahrer. Aber für Sie noch einmal: Herr Paulick hatte sich vorher zu seinen Beweggründen geäußert und es war jeder Wählerin und jedem Wähler klar, dass Herr Paulick sein Mandat nicht annehmen wird. Und trotzdem oder gerade deswegen hat er diese Stimmen bekommen! Hier sollten Sie mal ansetzen.

Und was die Berufsbezeichnung betrifft, kehren Sie bitte erst mal vor der eigenen Tür. Wie erklären Sie, dass im Internet bei der Vorstellung der Mitglieder im Bundestag bei Bündnis90/Die Grünen zum Beispiel bei Frau Künast Anwältin, bei Herrn Trittin Dipl.Sozialwirt / Journalist, bei Herrn Kuhn Sprachwissenschaftler, bei Herrn Ströbele Rechtsanwalt steht und nicht Bundestagsabgeordnete(r)? Herr Stänker hat ja auch schon einiges darüber geschrieben.

Zu Ihrem oben schon erwähnten Zitat: "Wer Verrat an einer der wichtigsten Errungenschaft der friedlichen Revolution, nämlich fairen Wahlen ohne schmutzige Tricks, begangen hat, der möge durch Nicht-Wieder-Wahl bestraft werden."
Wie darf ich eigentlich verstehen, dass Sie so sehr auf die "Errungenschaften der friedlichen Revolution" setzen, aber gleichzeitig einen Kandidaten unterstützen, welcher Mitglied in der SED und dort sogar als Parteisekretär tätig war. Und als sehr aktives Mitglied der Kampfgruppen war Herr Deinege zum Schutz der Errungenschaften der SED bereit! Warum verschweigt Herr Deinege dieses Kapitel seines Lebens? Ist das nicht auch Wählertäuschung? Ist das nicht auch Verrat an den Errungenschaften der friedlichen Revolution? Oder sind Sie der Meinung, dass die Wählerinnen und Wähler nicht wissen sollten, wem sie ihre Stimme geben? Das würde mich aber jetzt sehr wundern!

Vielleicht sollten Sie, Herr Prof. Dr. Schulze, Ihren Hass auf bestimmte Personen beiseite legen und zur Sacharbeit bzw. Sachargumentation zurückkehren.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Osterfest.

Mit freundlichen Grüßen

Frank Georg

Nicht mit Erich Mielke gleichgesetzt

Von Jens am 07.04.2012 - 10:26Uhr
Sehr geehrter Herr Prof. Schulze,

ich habe Sie bei weitem nicht mit Erich Mielke gleichgesetzt, sondern Ihnen als Mitglied der Partei, die zum Teil aus den Vorkämpfern der friedlichen Revolution 1989 hervorgegangen ist, empfohlen, sich diese Anweisung von Mielke mal anzusehen und nachzudenken.

Mehr nicht.

Auslastung und Kurzarbeit bei Bombardier

Von A. am 07.04.2012 - 09:48Uhr
Siegfried Deinege am 7. April 2012 in der Sächsischen Zeitung (Lokalausgabe Görlitz, Beitrag "Jetzt ist Görlitz dran") über seinen Weggang aus dem Bombardier-Werk in Görlitz: "Das Werk ist in den kommenden 15 Jahren ausgelastet.“

In der gleichen Ausgabe berichtet das gleiche Blatt unter der Überschrift "Doppelstockzüge stoppen nicht die Kurzarbeit" über Kurzarbeit im Görlitzer Bombardier-Werk von April bis voraussichtlich Juni 2012.

Alles klar?

Antwort an "Jens"

Von Prof. Dr. Joachim Schulze am 07.04.2012 - 09:19Uhr
Sehr geehrter Herr "Jens",

da Sie mich direkt ansprechen, kriegen Sie natürlich auch eine Antwort. So viel Höflichkeit muss sein.

Mir fällt auf, dass viele derjenigen, die sich für den Amtsinhaber verwenden, nicht den Mut haben, sich unter ihrem richtigen Namen zu äußern. Schade! Gerade weil Sie hier auf das DDR-Unrechtssystem anspielen (Zersetzung!) sollten Sie doch etwas gegen Tarnnamen und Legenden haben.

Im Übrigen machen Sie genau das, was Sie beklagen. Sie unterstellen mir "Neid" (auf was, auf wen eigentlich? + bitte deutlicher!) und machen dunkle Andeutungen nach einschlägiger Methode: "wie man aus gut informierten Kreisen hört..."

Geht das auch klarer?

Ich bleibe bei meiner Bewertung der Kandidatur von Herrn Paulick als „Stadtrat“ zu den letzten Kommunalwahlen und gebe Ihnen folgendes Zitat aus einem sogenannten WIKI zu bedenken:

"S c h e i n k a n d i d a t
Ist einem Kandidaten – oder einem wesentlichen Teil der ihn Nominierenden – schon bei der Kandidatur klar, dass er im Falle seiner Wahl sein Mandat nicht annehmen wird, so bezeichnet man ihn als Scheinkandidaten. Eine Ausnahme bilden führende Kandidaten einer Parteiliste, die nicht in erster Linie das Parlamentsmandat anstreben, für das sie kandidieren, sondern ein Regierungsamt, das dieses Parlament zu vergeben hat. Dies ist in der Bundesrepublik Deutschland üblich und wird allgemein nicht beanstandet (siehe dazu den Abschnitt Spitzenkandidat).
Stehen dagegen tatsächlich Persönlichkeiten – und nicht Mehrheitsverhältnisse – zur Wahl, und wird dann von einer Gruppierung eine populäre Person vorgeschoben mit dem Plan, dass diese ihr Amt nicht antreten, sondern einem anderen überlassen will, so muss dies als eine Irreführung des Wählers bezeichnet werden."

Und ganz offenbar wird bzw. wurde in verschiedenen Bundesländern (außer MV wohl auch in Bayern) völlig zu Recht daher daran gearbeitet, solche Missstände durch Änderung der Gesetze auszuschließen.

Daher ist der Verweis auf die Wahlergebnisse von Stadträten des Vereins "Zur Sache!" keine Diskreditierung. Sie sind nur durch das kritisierte Manöver mit sehr geringer - auf sie als Person bezogener - Stimmenzahl in den Rat gekommen. Andere mit deutlich höherer Stimmenzahl sind dagegen auf diese Weise um das Ihnen von den Görlitzer Wählern anvertraute Mandat gebracht worden.

Dass ich von Leuten aus Ihrem Lager mit üblen Typen aus der deutsche Geschichte verglichen werde, das kenne ich schon. Es zeigt, dass Ihnen die Maßstäbe offenbar abhanden gekommen sind. Heute also "Erich Mielke" (lt. "Jens"), vor einiger Zeit laut Herrn Dr.Gleißner "Julius Streicher", ein 1946 aufgehängter Nazi-Verbrecher, der Herausgeber des antisemitischen und pornografischen Hetzblattes "Der Stürmer" war...

Beides also in einer Person? Als einfacher Stadtrat in Görlitz? Das muss man erst mal schaffen.....

wundert sich der von Ihnen als Erzbösewicht ausgemachte

Joachim Schulze

@Prof. Schulze

Von Jens am 06.04.2012 - 20:41Uhr
Ja, ja, da ist das Gezeter wieder, welches wir schon oft im Stadtrat gehört haben, oder ist es Neid?

Ich kann mich gut erinnern, dass Oberbürgermeister Paulick vor der Stadtratswahl immer gesagt hat, dass er sein Amt als Oberbürgermeister nicht niederlegen wird. Übrigens sitzt er doch im Stadtrat als dessen Vorsitzender und ich sehe sein Ergebnis bei der Wahl 2009 als Bestätigung, dass er dort richtig sitzt.

Das Diffamieren von Stadträten und deren Wahlergebnissen scheint ja bei Ihnen und Ihren Freunden üblich zu sein. Schauen Sie sich doch als Mitglied in "Bündnis 90/Die Grünen" mal die "Zersetzungs-Anweisung Nr. 1/76" von Erich Mielke an. Sie werden erstaunliche Parallelen zu Ihrem Handeln finden. Denken Sie mal drüber nach.

Im Übrigen hat wohl, wie man aus gut informierten Kreisen hört, die CDU-Landtagsfraktion nach der Görlitzer Stadtratswahl versucht, das Kommunalwahlgesetz so zu ändern, dass (Ober-)Bürgermeistern das passive Wahlrecht abgesprochen werden soll. Etwa so, wie Schwerverbrechern. Nun sollen aber die Juristen am sächsischen Hof dann doch die Verfassungswidrigkeit dessen erkannt haben.

Mann oh Mann, wo leben wir hier eigentlich,

fragt sich Jens

"Wahlkampf" Antwort

Von Jens Jäschke am 06.04.2012 - 12:56Uhr
Meine Worte, die sie da erneut formen, lieber Herr Dr. Sander.

Das Interessante ist, dass eben nur die Sympathisanten der beiden Kandidaten sich hier und anderswo die wüstesten Vorstellungen davon machen, was sein könnte, wenn der Eine oder der Andere die Stadtführung übernehmen wird. Diese "Sympathisanten" sind auch zum Großteil Stadträte. Genau aber an diesen liegt es, ob ein gewählter OB seinen Amtsweg beschreiten und bestreiten kann. Bisher ist es in Görlitz noch keinem gelungen, alle Stadträte davon zu überzeugen, dass es hier um die Stadtbelange und um ihre Einwohner und deren Bedürfnisse geht und nicht um Machtgelüste irgendwelcher Parteigruppen oder der Egozentrik Einzelner sich würdig fühlender "Stadträte".

Frohe und nachdenkenswerte Ostergrüße vor allem zum Nachdenken angeregt denen, die sich christlich vereint hier zusammenfinden.

Görlitzer Wahlkampf

Von Dr. P .Sander am 06.04.2012 - 11:46Uhr
Sehr geehrte "Publizisten und Wahlkämpfer",

als "Wahlbeobachter" aus der Ferne ist man erschüttert, in welcher primitiven Art und Weise dieser "Zweikampf" zwischen dem Amtsinhaber und dem Herausforderer instrumentalisiert wird.

Aus der Ferne sieht dies nach einem einzigen Scherbenhaufen aus, deshalb sollte man auch das "Scherbengericht" (Ostrakismos) anwenden, um diesen Prytanen (Ratsherren) zum Schutz der Demokratie Einhalt gebieten, Kleisthenes hätte viel Arbeit gehabt!

Ich befürchte aber, egal wie die OB-Wahl ausgeht, an der Situation in Görlitz wird sich wohl leider nichts ändern.

Mit freundlichen Grüßen,

Dr. P. Sander

Ironie vs. Scheinfakten

Von Prof.Dr.Schulze am 06.04.2012 - 10:19Uhr
Sehr geehrter Herr Stänker,

weil dies ja nicht in einen Dialog ausarten soll, der die geneigte Leserschaft langweilen würde, nur eine kurze Antwort auf Ihre Antwort:

Da Sie doch selbst das Stilmittel der Ironie beherrschen, dürfte Ihnen nicht entgangen sein, dass die Eingangbemerkung = "keiner von uns" in "Gänsefüßchen" steht und somit als Zitat, als ironische Vorwegnahme von erwartbaren Reaktionen zu verstehen ist. Wie berechtigt das war, haben Sie mit Ihrer Frage, ob ich mich nicht als Görlitzer verstehe, ja eindrucksvoll bestätigt. Für die, die es klarer brauchen: ich bin seit 1995 in Görlitz, bin Görlitzer Bürger und fest hier verankert.

Sie verfolgen offenbar die "Generallinie" der subtilen Herabwürdigung von Personen ("Oder gibt es da noch etwas?"....."an Hochschulzeiten erinnert" ....."ausgeschlossen, unzureichend beachtet?" ....."Hinterzimmerdünkel") konsequent weiter. Sie verbleiben gerne bei dunklen Andeutungen und verwenden das "unschuldige" Fragezeichen ("Man wird ja doch noch fragen dürfen!").

Übrigens: Diese Methode ist bekannt, z.B. aus den Mitteilungen des "Zur Sache e.V.". Können Sie als intimer Kenner Görlitzer Verhältnisse mir vielleicht verraten, warum da seit Jahresbeginn Funkstille herrscht?

Auf den Kern meiner Kritik wollen Sie offenbar nicht eingehen.

Ich empfehle übrigens allen, die noch von der Notwendigkeit eines Stilwechsels in Görlitz überzeugt werden müssen, die Lektüre Ihres Publikationsorganes

und verbleibe mit vor-österlichen Grüßen

Prof.Dr.Joachim Schulze
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Antwort:

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Schulze,

was ist Ironie gegen die Unsitte, unzutreffende Fakten in den Raum zu stellen in der Gewissheit, beim Leser werde schon etwas hängen bleiben! Ihre Argumentation erzeugt den Eindruck von Fakten, die keine sind (so der Hinweis auf die Antwort einer Landesregierung, die ohne jede rechtliche Bedeutung ist), aber sie leiten daraus die Behauptung "schmutziger Tricks" ab.

Ich weiß nicht, welches Mäuerchen Sie in Ihrem Kopf noch immer eine Einteilung in welche "von uns" und ergo "nicht von uns" vornehmen lässt. Görlitz hat - wie andere Städte und Regionen auch - stets vom Zuzug kluger Köpfe profitiert. Willkommen also, wer hier seinen Hut hinhängt, hier zu Hause ist und sich in das Leben der Stadt einbringt!

Welche Unsicherheit mag dahinterstecken, dass Sie offenbar gern erwartete Reaktionen vorwegnehmen? Ich darf Sie zitieren: "Falls Sie jetzt eine Debatte führen wollen unter der Überschrift 'Es war doch alles rechtens'..." Ja, die Wahl war rechtens, sie ist rechtsgültig und es macht keinen Sinn darüber zu greinen, dass ein Wählerverein anderen Gruppierungen kostbare Stimmen abgejagt hat - das ist Demokratie.

Wenn wir uns hier dem öffentlichen Gedankenaustausch hingeben, muss es schon erlaubt sein, persönliche Eindrücke wiederzugeben und Hintergünde zu erfragen. Übrigens waren meine "Hochschulzeiten" ein wunderbarer Abschnitt meines Lebens, an den ich gern - je größer der Abstand wird, je lieber - zurückdenke.

Was die Görlitzer Oberbürgermeister-Wahl betrifft, ist aber Vordenken gefragt: Wer ist die richtige Persönlichkeit mit Stehvermögen, wer läuft Gefahr, zum Spielball zu werden? Wer tritt als Interessenswahrer der Jugend auf, wer hat sich jugendliche Unbefangenheit bewahrt? Wer kann den Job im Interesse der Bürger sieben lange Jahre durchstehen, ohne sich vorher in den Ruhestand zu verabschieden?

Ja, es sind wieder Fragen, die ich stelle, denn die Anwort muss jeder Wähler für sich selbst finden. Und wenn der Görlitzer Anzeiger mit etwas Politainment Menschen für Lokalpolitik sensibilisiert, die Ihr Interesse an sich selbst beweihräuchernden Personen sonst verloren hätten, ist das doch nur gut.

Meine Wahlempfehlung lautet: Erst nachdenken, dann wählen! Da sind wir uns doch sicher einig.

Frohe Ostern wünscht

Ihr Fritz R.Stänker

Von der Siegfried-Stelle

Von Prof. Dr. Joachim Schulze am 05.04.2012 - 22:14Uhr
Sehr geehrter Herr Stänker,

erklären Sie doch bitte einmal einem Zugereisten ("= keiner von uns"), was den Amtsinhaber zum Säulenheiligen der Friedlichen Revolution qualifiziert, da mit dessen Wiederwahl eben jene gewürdigt werden soll?

Ich denke da eher an die jüngere Vergangenheit. Und an die nicht zu leugnende Tatsache, dass Herr Paulick bei den letzten Kommunalwahlen sehr "kreativ" Schlupflöcher des Wahlrechts ausbeutete.
Schon vergessen? Er kandidierte als "Stadtrat". Wohlwissend, dass er dieses Mandat nicht im Traum anzunehmen gedenkt. Der kalt-kalkulierte Erfolg trat denn auch ein. Laut amtlichen Wahlergebnis zog die Wählervereinigung "Zur Sache! e.V." mit fünf Stadträten in den Ratssaal ein.

Es waren die Herren Paulick (52,6% der Listenstimmen = 4154 Stimmen), Seddig (5,2%), Blumrich (4,0%), Dr.Gleißner (2,6% = 207 Stimmen), Schiener (2,5%). Wie das Ergebnis ohne die "So-Tun-als-ob-Kandidatur" von Herrn Paulick ausgesehen hätte, kann man nur vermuten. Herr Paulick nahm - wie vorher beabsichtigt - den Auftrag der Wähler (4154 Stimmen = rein rechnerisch mindestens 1.385 Personen) nicht an. Übrigens: in der Wahlkampfbroschüre des "Zur Sache e.V.!" finden Sie auf der linken Seite jeweils ein schönes buntes "Gruppenbild mit Paulick" - insgesamt 15 mal. Während alle anderen auf dem Bild mit ihre ausgeübten Berufe nennen (z.B. Kriminalbeamter, Gastwirt usw.) lesen wir bei Herrn Paulick keineswegs "Oberbürgermeister" sondern "Dipl.-Betriebswirt-VWA". Obwohl er doch so stolz auf diese Bezeichnung ist und kürzlich sogar die Verbform "Oberbürgermeistern" erfand. Ja, warum wohl? Hätte jemand doch stutzig werden können?

Die weitere Geschichte des "Zur Sache e.V.!" im Rat kürze ich mal ab: reihenweise Aufgabe der Mandate (Seddig, Sturm, Rüth) bzw. Nicht-Annahme wg. Verwandtschaftsbeziehung zum OB (Jakob), die auch bei der Listenaufstellung gegeben war. Da ist nun die derzeitige Unterstützergruppe des Amtsinhabers im Rat noch mit 998 Stimmen vertreten, rechnerisch also bei 3 Stimmen je Wähler Sprachrohr für 333 Görlitzer Bürger. Respekt! Auf dieser Basis Pläne bis 2025 zu machen kann man schon als "sportlich" bezeichnen.

Da das Zeitalter des Absolutismus aber vergangen ist (auch in Görlitz) und es in der Demokratie üblich ist, sich um Mehrheiten unter den demokratisch legitimierten Mandatsträgern bemühen zu müssen, wird hier ein ganz dünnes Brett beschritten... Falls Sie jetzt eine Debatte führen wollen unter der Überschrift "Es war doch alles rechtens": Ich zitiere mal aus einer Anfrage aus dem Landtag von Mecklenburg-Vorpommern und der Antwort der Landesregierung vom Mai 2010: "Wie bewertet die Landesregierung den Umstand, dass es wiederholt im Rahmen der Kommunalwahl 2009 zu Wahlergebnissen gekommen ist, bei denen Bewerber aufgrund ihrer Popularität wissentlich als sogenannte Scheinkandidaten fungierten und tatsächlich eine Vielzahl von Stimmen auf sich vereinigen konnten, sodass rechnerisch Mitbewerber der Wahlvorschlagsliste Mandate erringen konnten?! Antwort: "Die sogenannten Scheinkandidaturen sind kritisch zu bewerten. Dem wird mit dem gegenwärtig in der Anhörung befindlichen Entwurf zur Neuordnung des Wahlrechts Rechnung getragen."
Die Neuordung geht in die Richtung, dass bei zu erwartender "Unvereinbarkeit von Amt und Mandat" dem Wähler v o r h e r mitzuteilen ist, ob das Mandat angenommen wird. Eine wichtige Grundlage für die Wahlentscheidung!

Dazu noch ein Interview mit Herrn Paulick vom 21.März 2009 im Niederschlesischen Kurier: "Stolz auf unsere Räte wollen wir sein und den Stadträten soll es wieder eine Ehre, keine Last bedeuten, im Dienste der Stadt stehen zu dürfen. (....) Unsere Kandidaten sind authentisch....Wir schätzen Werte wie Gerechtigkeit, Pflichterfüllung, Integrität...." Sprach`s und trat ebendiese Ehre des anvertrauten Stadtratsmandates mit Füssen. Um zum Ausgangspunkt zurückzukommen, sehr geehrter Herr Stänker, - und so wird ein Gummistiefel draus:

Wer Verrat an einer der wichtigsten Errungenschaft der friedlichen Revolution, nämlich fairen Wahlen ohne schmutzige Tricks, begangen hat, der möge durch Nicht-Wieder-Wahl bestraft werden.

Was gesagt werden muss.
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Antwort:

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Schulze,

es ehrt mich sehr, dass Sie mir die Rolle des Erklär-Bärs für die Görlitzer Stadtpolitik antragen und ich will mich gern mühen, meinen Blickwinkel in aller Öffentlichkeit kundzutun.

Am Anfang von Allem steht für mich jedoch die Frage, was Sie mit "keiner von uns" - wohl in Bezug auf sich selbst - meinen. Fühlen Sie sich etwa nicht als Görlitzer? Oder gehören Sie nicht zu denen, die sich eine eigene Meinung bilden und dann schauen, welcher Kandidat den eigenen Vorstellungen an ehesten nahe kommt? Fühlen Sie sich ausgeschlossen, unzureichend beachtet? Oder gibt es da noch etwas?

Je länger ich Ihre Argumente studiere, um so mehr fühle ich mich an selige Hochschulzeiten erinnert: Sie sezieren aufs Zehntelprozent genau eine Stadtratswahl, in der politische Gruppierungen um Stimmanteile kämpfen. Wir wählen am 22. April aber keine Stadträte, sondern einen Oberbürgermeister! Welch schönes Wort, der oberste Meister der Bürger einer Stadt! Es geht um eine Person, die frei von Hinterzimmerdünkel und unabhängig von höchst persönlichen Einflussinteressen in der Lage ist, zum Wohle der Stadt und damit ihrer Bürger zu handeln.

Demokratie ist nicht sonderlich spannend, wenn ein Oberbürgermeister auf absolut verlässliche Mehrheiten bauen und damit ohne Einfluss der Opposition alles Mögliche "durchgewinkt" werden kann - nein, Demokratie lebt erst dann auf, wenn sich die politischen Lager als Interessenvertreter der Bevölkerung in Sachfragen positionieren und erklären müssen, wenn sie durch kluge Abwägung die Belange möglichst vieler Bürger berücksichtigen. In der aktuellen Görlitzer Konstellation ist übrigens nicht zu erwarten, dass nach der Wahl einer der jetzigen Kandidaten auf stabile Mehrheiten im Stadtrat bauen kann - oder wollen die Parteien des Görlitzer Unterstützerblocks aus CDU, FDP, Bündnisgrünen und Wählerverein sich zu einer Fraktion zusammentun? Der denkbare kleinste und einzige gemeinsame Nenner der buntgewürfelten Truppe, die in dieser Sache mit der Linkspartei auf gemeinsamer Linie fährt, besteht doch nur ganz allein im Bestreben, einen neuen Oberbürgermeister zu installieren - und jeder hofft, dass seinen Interessen dann von dem Neuen Genüge getan werde. Wie absurd.

Was das Ausnutzen von "Schlupflöchern" des Wahlrechts betrifft - auch wenn sich in Meck-Pomm eine rechtliche Neuordnung andeutet, bleibt Recht eben Recht. Um es verständlich zu machen ein Vergleich: Wenn das Steuerrecht dem Bürger ermöglicht, Maßnahmen mit dem Ziel der Steuersenkung einzuleiten, sind das dann "schmutzige Tricks"? Deutlicher: Wollen Sie behaupten, die letzten Stadtrats-Wahlen in Görlitz seien nicht rechtens gewesen?

Und bitte keine demagogischen Unterstellungen, ich hätte Herrn Paulick als Säulenheiligen der Friedlichen Revolution dargestellt. Nein, die CDU hat den Wind des Wendeherbstes 1989 geschickt unter ihre Flügel gelenkt und ich kritisiere, dass genau diese CDU heute einen als SED-Parteisekretär aktiven Verantwortungsträger der DDR-Diktatur - ein Regime, in dem man für einen lächerlichen Witz und das Lesen von Büchern aus dem Volksbuchandel(!) schnell mal anderhalb Jahre in den Knast gehen konnte - als "Ihren" Kandidaten vorstellt. Meines Wissens hat es Herr Deinege bislang nicht fertiggebracht, sich von seinen politischen Aktivitäten in der DDR-Zeit öffentlich zu distanzieren, vielmehr hat er sinngemäß lediglich darauf verwiesen, dass er ja auch gern mitspielen wollte und deshalb der SED beigetreten ist.

Lupenreine Demokraten, ausnahmslos alle,

unterstellt Ihr Fritz R. Stänker


P.S.: Übrigens ist Dipl.-Betriebswirt (VWA) eine völlig korrekte Berufsbezeichnung, auch für jemanden, der gerade eine Tätigkeit als Oberbürgermeister ausübt.

Mehr Zug drin und neuer Stil

Von Frank am 05.04.2012 - 21:59Uhr
Liebe Leser,

heute verkündet der neue Kandidat im Niederschlesischen Kurier wieder einmal, wie die Stadtradtsitzungen nach seiner Machtübernahme laufen werden.

Wahrscheinlich werden sich die Stadträte gegenseitig vor Sitzungsbeginn Blumen schenken und der Gegenpartei die Daumen drücken.

Herr Deinege moderiert die Stadträte dann dank seiner langjährigen Erfahrungen und mit mehr oder weniger "Zug drin" auf 150%iges Abstimmungsverhalten, indem er allen alles verspricht. Zu DDR Zeiten wurden die Pläne auch ohne Material auf diesem Level erfüllt.

Bei Parteiversammlungen gab es auch keine Abstimmungen unter 100%, anderenfalls wurden die Gegenstimmler einem Parteiverfahren unterzogen.

Möglicherwese setzt man das gewünschte Abstimmungsverhalten im Rathaus mit Hausverbot bei Gegenstimmen durch, Herr Dr. med. Gleißner hat ja schon mal mitbekommen, wie sowas geht.

Der zum Frühlingsfest noch breit grinsende Herr Tillich wird ihn nach der Wahl auch fallen lassen wie eine heiße Kartoffel, sollte er für das Einlösen seiner Wahlversprechungen zusätzliche Finanzen beantragen, die kann er sich dann gerne aus Manila holen.

Soviel Mist habe ich selten im besagten Kurier gelesen, einige glauben das womöglich, aber es wird "nur" der OB gewählt, die zänkischen Stadträte bleiben.

Unverständlich kann dem "Normalbürger" nur vorkommen, dass ein Ex-SED-Parteisekretär von der CDU und Konsorten als OB favorisiert wird, da kann man mal sehen, wie falsch die reden und handeln können, solange die Mehrheiten nicht anders zustande kommen.

Ein OB, der nur "heiße Luft" wie im Parteilehrjahr von sich gibt, ist das Letzte, was wir hier brauchen.

Schönen Feiertag,
leider muss ich morgen arbeiten :-(

wünscht Frank

Mehr Unterschiede als nur die Partei

Von Helmut am 05.04.2012 - 11:51Uhr
Mit ist nicht ganz klar, welchen Einfluss Kandidat Deinege auf den wirtschaftlichen Erfolg von Bombardier hat(te). Immerhin war er nicht Geschäftsführer, sondern Werkleiter, also vermutlich eher nur ausführendes Organ im Konzern mit dem Auftrag, Ziele umzusetzen und den Betrieb zu organisieren.
Wer glaubt, dass Herr Deinege jetzt nur seine "Beziehungen" spielen lassen braucht, um Investoren für Görlitz zu gewinnen, ist sicher recht naiv: Investoren kommen nicht wegen persönlicher Beziehungen, sondern aus wirtschaftlichen Erwägungen.

Oberbürgermeister Paulick hat seit sieben Jahren gegen viele Widerstände Gestaltungskraft bewiesen, es war die produktivste und beste Periode für Görlitz seit vielen Jahrzehnten.

Nicht wieder in die roten Zahlen!

Von Draeger am 04.04.2012 - 17:19Uhr
Die Interssengruppe, welche Herrn Deinege vor Ihren Karren spannen will, braucht doch jemanden, dem Sie Ihr Konzept diktieren können.

Will Görlitz wegen persönlicher Belange wieder in die "Roten Zahlen" gewirtschaftet werden? Als Unterstützer haben Sie ja noch "Die Linke" und die SZ.

Da Herr Paulick nicht so mit gespielt hat, muß er ja irgendwie zu Fall gebracht werden. Und wenn es sein muß mit Altkadern der ehemaligen SED, welche ja schon einen Staat runtergewirtschaftet haben.

Nein danke!

Unterschied SED - LDPD

Von Michael Prochnow am 04.04.2012 - 16:26Uhr
Könnten sie mir den grundlegenden Unterschied der DDR-Parteien (in dem Kommentar SED und LDPD) nennen?

Es gab zwischen ihnen keinen. Lediglich in der Mitgliederstruktur gab es Differenzen, es sollten eben alle für den Kampf um die "Diktatur der Arbeiterklasse" gewonnen werden.

Dieses Argument taugt also nicht, um einem Kandidaten den Vorzug zu geben. Systemgegner oder Systemfern waren sie beide nicht.

Michael Prochnow


Antwort:

Natürlich gab es im DDR-System keine "Gegen"-Partei. Jeder der sich fachlich oder als Führungskraft entwickeln wollte musste sich zugleich überlegen, wie weit er im DDR-System mitspielen wollte. So war es für viele akzeptabel, in FDJ (Jugendorganisation), DSF (Deutsch-Sowjetische Freundschaft) und FDGB (Gewerkschaft inklusive Feriendienst) mitzuspielen, um politisch "seine Ruhe" zu haben.

Es ist aber ein entscheidender Unterschied, ob sich jemand mit dem SED-Eintritt zu den Machthabern und zu praktiziertem Unrecht, Überwachung und Drangsalierung von Mitbürgern (und das hat wirklich jeder gewusst) bekannte o d e r ob er sich in eine der Blockparteien (so genannt wegen der fixierten Sitzverteilung im "Block der Nationalen Front") flüchtete. Hier standen zur Auswahl die CDU (Christdemokraten), die NDPD (Nationale), die LDPD (Liberale) und die DBD (Bauernpartei), wenn ich keinen vergessen habe. In diesem Konsortium war für viele, soweit man nicht Bauer war, die LDPD das kleinste Übel.

Ganz allgemein kann man resümieren: In den Betrieben waren die Parteisekretäre der SED bei den Nicht-SED-Genossen besonders unbeliebt, weil sie versuchten, Führungskräfte oder Leute mit beruflichen Ambitionen in die SED zu drängen und entgegen betriebswirtschaftlicher Vernunft staatliche Vorgaben durchzudrücken. Oft genug ermöglichte die SED-Mitgliedschaft auch sonst nicht sonderlich befähigten Zeitgenossen eine berufliche Karriere.

Zum Ende der DDR gab es rund 2,2 Millionen SED-Mitglieder - wo sind sie nur geblieben?. Besonders die Verantwortungsträger erwiesen sich - und sicherlich kann man sagen meistens - als sogenannte "Wendehälse", die sofort versuchten, sich den neuen demokratischen Rahmenbedingungen anzupassen und damit Spott und Verachtung der Bevölkerung ernteten. Dieses "sich anpassen an neue Rahmenbedingungen" ist zwar zutiefst menschlich (wenn auch moralisch fragwürdig), doch muss immer der Einzelfall gewürdigt werden.

Es ist jedem Menschen zuzugestehen, Meinungen und Ansichten zu ändern. Nur: An einen Träger eines öffentlichen Amtes werden nun einmal besondere Anforderungen gestellt - nicht etwa wie in den USA, wo bei Präsidentschaftskandidaten jedes Detail der Biografie hervorgekehrt wird. Deshalb sind Ansprüche wie das Durchblättern des privaten Fotoalbums der Oberbürgermeister-Kandidaten, wie jüngst von einer Tageszeitung verlangt, nicht gerechtfertigt.

Wer sich aber öffentlich zum SED-Unrechts-System und zur "führenden Rolle" dieser Partei bekannt und in diesem aktiv mitgewirkt hat, also Mitverantwortung für die Zustände in der DDR trägt, muss sich schon erklären, wenn er heute ein öffentliches Amt anstrebt. Und der Hinweis, sonst ausgeschlossen gewesen zu sein ist ebenso wenig befriedigend wie mitgespielt zu haben, um von innen zu verändern.

Abgesehen von den Kandidaten müssen sich insbesondere CDU, FDP und Bündnis90/Die Grünen fragen lassen, welcher Deibel sie geritten hat, einen Ex-Kommunisten zu unterstützen und wie ein Oberbürgermeister mit dieser Last die Stadt führen soll, wenn er nicht vorher rein Schiff mit seiner Vergangenheit macht.

Wo kämen wir denn sonst hin,

fragt sich Ihr Fritz Rudolph Stänker

Wahlkampf unter der Gürtellinie

Von Anonymus am 02.04.2012 - 11:06Uhr
Sie haben den richtigen Namen gewählt "Fritz R. Stänker" zum Thema "Von der Siegfried-Stelle und politischer Moral".
Ich wünsche Ihnen und Ihrer Presse den Erfolg den Sie verdienen, den Misserfolg!
(...)

Anmerkung der Redaktion:
In Wahlkampfzeiten mag Taktgefühl nicht jedermanns Sache sein, aber es bleibt dabei: Beschimpfungen und nicht belegbare offensichtlich falsche Tatsachenbehauptungen werden durch (...) ersetzt.
Und Herr Stänker hat seinen Namen nicht selbst wählen können...

Fragen an Herrn Deinege ohne Antwort

Von Dr. med. Peter Gleißner am 30.03.2012 - 19:17Uhr
Verehrter Görzelec,

es ist erfreulich, dass ein ernsthaftes Gespräch zwar keine Übereinstimmung bringen muß, aber doch anregt, weiter zu denken.

Der Gedanke „telefonische Quelle in Ehren, aber..“ hat mich wie Sie bewegt. Nur handfeste Beweise gelten.

Ich war deshalb gestern auf dem Stammtisch der Einzelhändler, der in der SZ die Bevölkerung zum Gespräch mit Herrn Deinege eingeladen hatte. Dort stellte ich Herrn Deinege drei Fragen:

1. Stimmt es, dass Ihr Dienstvertrag demnächst ausläuft, wegen Ihrer Fehler im Management aber nicht verlängert wird?

2. Stimmt es, dass Bombardier nach den Wahlen Kurzarbeit bekommt?

3. Stimmt es, dass Händler nur gegen Barzahlung Ware an Bombardier liefern?

Zu keiner Frage sagte Herr Deinege: Das stimmt nicht.

Ich bekam einen Wust von unvollständigen Halbsätzen zu hören, erlebte einen Zornausbruch und hörte immer wieder nur, dass er ein großartiger Kerl sei, ungekündigt, der in Manila und überall arbeiten könne.

Wie weit es mit der Freiheit des Wortes in Görlitz gekommen ist zeigt, dass der Vorsitzende dieses Vereins der Einzelhändler mich wegen dieser Fragen des Raumes verwies.

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  • Quelle: Fritz Rudolph Stänker
  • Erstellt am 30.03.2012 - 08:38Uhr | Zuletzt geändert am 30.03.2012 - 09:45Uhr
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