Zur Corona-Situation im Kreis Görlitz

Zur Corona-Situation im Kreis GörlitzLandkreis Görlitz, 14. April 2021. Mit Stand von gestern wurden im Landkreis Görlitz gegenüber dem Vortag 115 Erwachsene und 19 Kinder positiv auf das Coronavirus SARS-CoV-2 – Mutationen eingeschlossen – getestet. Die durch den Landkreis ermittelte Sieben-Tage-Inzidenz lag per 13. April 2021 bei 243,74 je 100.000 Einwohner. Unterschiede zu den RKI-Zahlen ergeben sich aus dem Auswertungszeitpunkt. Am gleichen Tag befanden sich im Kreis Görlitz 111 an Covid-19 Erkrankte in stationärer Behandlung, davon 24 intensivmedizinischer.

Abb.: So schnell kann man sich täuschen lassen, denn auf dem Foto steht "Nein" – es stammt aus Polen
Foto: Staboslaw, Pixabay License
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Impfungen, Proteste und wirkungsarme Ansätze

Die nach Altersgruppen sortierte Anzahl der auf den Intensivstationen behandelten Covid-19-Patienten zeugt von den ersten Erfolgen der Impfkampagne:


    • Alter 31 bis 40 Jahre: 2
    • Alter 41 bis 50 Jahre: 0
    • Alter 51 bis 60 Jahre: 4
    • Alter 61 bis 70 Jahre: 10
    • Alter 71 bis 80 Jahre: 7
    • Alter 81 bis 90 Jahre: 1

Impfen!

Von Thomas Beier. Zugleich zeigt sich, dass die Altersgruppe ab 60 Jahren das Impfangebot im Impfzentrum des Landkreises Görlitz in Löbau nutzen sollte. Obgleich dort täglich Termine frei bleiben und die Impftermine andererseits minutengenau vergeben werden, bildete sich zumindest gestern in der Mittagszeit ein lange Schlange von Impfwilligen, großenteils ab Sechzigjährigen, die bereits vor dem Einlass zum Gelände begann, sich entlang der Messehalle fortsetzte und in derem Inneren in U-Form weiterging. Insgesamt, so die Erfahrung Geimpfter, sollte man einschließlich einer Viertelstunde Wartezeit nach der Impfung etwa eine bis eine anderthalbe Stunde einplanen. Dennoch ist die Warteschlange am Impfzentrum ein gutes Zeichen dafür, dass die Impfmöglichkeiten angenommen werden.

Gezwungen dazu wird niemand, auch wenn das manche der Protestler, wie sie im Süden des Landkreises aktiv sind, meinen. Schaut man auf die Aufzüge in Zittau und das gespenstisch wirkende Panoptikum entlang der B 99, dann könnte man glauben, das Tal der Ahnungslosen feiere fröhliche Urständ', schlimmer noch, die Ahnungslosigkeit sei zur Dummheit mutiert. Die Oberlausitz, zu weiten Teilen mit viel Aufwand zur Ferienregion entwickelt, löst mit diesem Eindruck in anderen Teilen Deuschlands Kopfschütteln und Vorbehalte aus: "Kann man da hinfahren?" Die Zittauer Lokalausgabe einer Tageszeitung hat einen Text publiziert, in dem die an der B 99 zu sehenden Sprüche auf Schildern nachzulesen sind. Wer das mangels Abo nicht kann, sollte eines abschließen, denn die Finanzierung einer Qualitätszeitung ist wichtig, sonst lässt die Qualität immer weiter nach. Worum es aber im Kern geht: Wofür und wogegen dort demonstriert wird, löst woanders nur Unverständnis und Fassungslosigkeit aus.

Dass die Leute gegen die Anti-Pandemie-Maßnahmen protestieren, dazu tragen viele bei: Online Medien, die sich zwecks Werbeeinnahmen allein an Klickzahlen orientieren und dafür bereit sind, den größten Unsinn zu verbreiten oder gleich selbst zu verzapfen, auch andere Medien, die sich lieber an Abo-Zahlen statt Scharfsinn orientieren, Politiker, die die Corona-Politik nutzen, um auf Stimmenfang zu gehen, Leute, die Wissenschaft ablehnen und auch sonst Zusammenhänge schlecht erfassen können, nicht zuletzt jene, die als kleine Selbständige wirtschaftlich am härtesten von der Coronakrise betroffen sind. Die unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen, die da protestieren, muss man zur Kenntnis und ernst nehmen, Verachtung nur allerdings gibt es für die Strippenzieher hinter diesen sogenannten Protesten, denen alles recht scheint, das sich "gegen das System" wendet – die frühen Dreißigerjahre des letzten Jahrhunderts lassen Grüßen. Die alte Weisheit "Vor Inbetriebnahme des Mundwerks Gehirn einschalten!" gilt auch für jene Leute von Einfluss, die zwar von Infektologie und Seuchenbekämpfung weniger verstehen als jemand, der im Grundwehrdienst eine ABC-Ausbildung absolviert hat, aber mit Beurteilungen und Vorschlägen laut tönen und statt Orientierung zu geben nur noch mehr Verwirrung stiften.

Zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes

Die ins Auge gefasste Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes bei gleichzeitiger Übertragung von Entscheidungshoheiten auf den Bund darf man getrost kritisch sehen, weil damit ein deutschlandweites Machtinstrument zur Einführung von Zwangsmaßnahmen entsteht; das widerspräche dem Förderalismusgedanken, mit dem die Westalliierten nach dem letzten großen Krieg einer diktatorischen Zentralgewalt entgegenwirken wollten. Doch dieser Gedanke taucht in der öffentlichen Diskussion nicht auf.

So verkündet Dr. Markus Reichel, Kreisvorsitzender der Dresdner CDU: "Auch wir sind besorgt über die weiterhin zu hohen Infektionszahlen. Jedoch muss der Gesetzesentwurf unbedingt angepasst werden. Eine ausschließliche Einbeziehung der Inzidenzwerte zur Entscheidung weiterer Maßnahmen ist nicht akzeptabel. Aus unserer Sicht müssen unbedingt weitere Parameter, wie die Auslastung der Intensivbetten, unabdingbar den zukünftigen Entscheidungen zu Grunde gelegt werden." Der Mann ist studierter Mathematiker und sollte wissen, dass die Auslastung der Intensivbetten ein später Indikator ist – ungefähr so, als wenn man zur Nichtbeachtung der Vorfahrtsregeln aufrufen würde und diese erst dann wieder verschärfen würde, wenn die Zahl der schweren Unfälle zunimmt. Und wenn CDU-Mann Reichel in nächtlichen Ausgangsbeschränkungen "keinen Mehrwert" erkennt, dafür auf "mehr Geschwindigkeit bei allen digital nachverfolgten Hygienekonzepten" setzt und bei dieser Gelegenheit auf Anbieter in Dresden verweist, verwechselt er Äpfel mit Birnen, es sei denn, die Teilnehmer einer abendlichen Kellerparty nehmen die Warnhinweise ihres Handys ernst und tun alles dafür, dass sie persönlich digital nachverfolgt werden können.

Wer sich nur ein wenig in Wirtschaftsstrategie auskennt auskennt, der weiß, dass vor allem in der Krise der Hebel am wirkungsvollsten Punkt angesetzt werden muss. In der Pandemie kann dieser Punkt sogar räumlich festgemacht werden, er liegt nämlich dort, wo sich Menschen in Innenräumen begegnen, typisch am Arbeitsplatz oder im Einzelhandel. Aber warum geht man ausgerechnet dort mit den einfachsten Hygienemaßnahmen so lax um? Im Einzelhandel kann jeder beobachten, dass die komplette Atemwegsbedeckung und die Hand- und Einkaufswagen-Desinfektion nicht durchgesetzt werden, in Unternehmen, wo sich ein Großteil des Infektionsgeschehen abspielt, unterbleibt jede Vorsicht teils ganz. Wie wäre es, einmal dagegen zu protestieren?

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  • Quelle: red / Thomas Beier | Foto: staboslaw, Pixabay License
  • Erstellt am 14.04.2021 - 11:25Uhr | Zuletzt geändert am 16.04.2021 - 18:42Uhr
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