Deutsch-polnische Brücke der Kultur

Görlitz. Mit einem feierlichen Festakt im Theater Görlitz wurde heute das Schlesische Museum zu Görlitz eröffnet. Sitz des Museums wird der 1526 erbaute Schönhof zu Görlitz, der älteste datierte Renaissancebau nördlich der Alpen. Die Sanierung kostete fast zehn Millionen Euro und wurde von Bund und Freistaat Sachsen, von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, der Denkmalpflege, von Sponsoren, der Altstadtstiftung, und der Stadt Görlitz getragen. Nicht zu vergessen ist, dass mit einer Spende des Landes Baden-Württemberg Anfang der neunziger Jahre das Schönhof-Ensemble bautechnisch gesichert und vor weiterem Verfall bewahrt werden konnte.

Zugegen waren der Sächsische Ministerpräsident Prof. Dr. Georg Milbradt, der Görlitzer Oberbürgermeister Joachim Paulick, der in
Görlitz hochverehrte Prof. Dr. Gottfried Kiesow als Vorsitzender des Vorstands der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, Dr. Herbert Hupka als Ehrenvorsitzender der Landsmannschaft Schlesien sowie der Präsident der neuen Deutsch-polnischen Denkmalschutzstiftung Prof. Dr. Andrzej Tomaszewski. Staatsminister Bernd Neumann als Beauftragter für Bundesregierung für Kultur und Medien ließ sich vertreten.

Bild: Der Schönhof in Görlitz (rotes Gebäude) von der Brüderstraße aus gesehen.

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Schlesisches Museum zu Görlitz eröffnet

Oberbürgermeister Paulick würdigte die Vorgeschichte der Museumsgründung und die heutige Rolle von Görlitz-Zgorzelec als Ort der deutsch-polnischen Verständigung.

Als eines der herausragenden Projekte des Deutsch-Polnischen Jahres und als „eine Brücke der Kultur, die Deutschland und Polen im Geiste verbindet“ hat Ministerpräsident Georg Milbradt in seinem Grußwort das Schlesische Museum zu Görlitz bezeichnet. Milbradt erinnerte an die Jahre, als die Idee zu diesem Museum geboren wurde. Dieses Haus bringe nun - passend zur neuen Görlitzer Altstadtbrücke - Menschen über Grenzen hinweg zueinander. Der Freistaat zeige mit dem Museum , so Milbradt, damit auch, dass ihm das kulturelle Erbe Niederschlesiens wichtig ist und die entsprechenden Sätze in der sächsischen Verfassung, die Niederschlesien zweimal erwähnt, keine Lippenbekenntnisse sind.
Milbradt erweiterte den Blickwinkel und betonte, dass außer Niederschlesien und Sachsen auch Böhmen in das Boot der Regionalentwicklung gehört. Die kürzlich in Zittau wieder belebte trilaterale Zusammenarbeit sei der entscheidende Schritt, an die wirtschaftlichen Erfolge der Vergangenheit anzuknüpfen. Milbradt forderte auf , „aus den Gemeinsamkeiten der Region im Wortsinne Kapital zu schlagen.“ Das Museum zeige zudem, dass es mehr Verbindendes als Trennendes zwischen den Niederschlesiern und Sachsen gibt. Der Blick in die gemeinsame Geschichte sei eine Orientierung für die Zukunft.

Dem schloss sich der Vertreter der Bundesregierung an, der allerdings etwas über Ziel hinaus schoss, als er das „Schlesische Museum“ als Museum im „Museum Schönhof“, das wiederum im „Museum Görlitz“ liege, bezeichnete. Der anwesende Dr. Hupka ließ seine Rede aus gesundheitlichen Gründen verlesen. Angenehm das Gräfin-Dönhoff-Zitat, wonach man auch etwas lieben könne, was man nicht besitzt. Prof. Dr. Kiesow stellte klar, dass Görlitz eine lebendige Stadt sei und seine Stiftung u.a. durch die Ansiedlung von Bildungseinrichtungen dazu beitrage. Vielleicht konnte er dem Görlitzer Trauma des Nicht-Kulturhauptstadt-Europas-2010-Titel mit den sinngemäßen Worten „Görlitz ist Kulturhauptstadt auch ohne Segen aus Brüssel!“ eine Ende bereiten.
Prof. Tomaszewski fasste die Aussöhnung zwischen Polen und Deutschen mit den Worten „die Zeit der Aufrechnungen und Rückforderungen ist ein für allemal vorbei“ zusammen.

Die Eröffnung des Ausstellungs- und Veranstaltungsgebäudes Schönhof reiht sich ein in die vielen erfolgreichen Aktivitäten zwischen Polen und Sachsen. Regierungen, Verwaltungen, Schulen, Hochschulen, Verbände, Vereine und Unternehmen arbeiten eng zusammen und entwickeln die Region in eine positive Richtung. Auch die privaten Kontakte zwischen den Bürgern entwickeln sich nach und nach.


Informationen zum Schlesischen Museum zu Görlitz


Das Museum ist in einem kulturhistorisch bedeutendem Haus in Görlitz untergebracht, dem 1526 erbauten und nun umfangreich renovierten Renaissance-Gebäude "Schönhof". Bereits im Mittelalter existierte an seiner Stelle ein Gebäude, welches durch einen Brand in der Görlitzer Innenstadt 1525 stark beschädigt wurde. Seine ursprüngliche Form als "Görlitzer Hallenhaus" blieb jedoch erhalten. Der Bautyp Hallenhaus geht auf reiche Händler zurück, die mehrere Häuser kauften und zu großen, repräsentativen Bauten verbanden. Der Wiederaufbau im Renaissance-Stil wurde von Wendel Roskopf geleitet, welcher zuvor auf der Prager Burg gearbeitet und dort Renaissance-Bauformen erlernt hatte.

Das Museum zeigt schlesische Malereien, Plastiken, Goldschmiedearbeiten, Glas und Keramik sowie Werkzeuge und Gegenstände des alltäglichen Lebens, schwerpunktmäßig ab dem 17. Jahrhundert. Durch die Exponate soll ein Überblick über die schlesische Kulturgeschichte gegeben werden und die wechselhafte Geschichte Schlesiens sowie das Nebeneinander der Völker und Konfessionen sichtbar gemacht werden.

Dauerleihgaben des Bundes bilden den Grundstock der Sammlung. Unter anderem ein Dutzend Gemälde und Skulpturen sowie 200 Zeichnungen und Grafiken, Gold- und Silberschmiedearbeiten, Gläser aus dem 18. und 19. Jahrhundert, Fayencen und schlesisches Porzellan wurden und werden aus anderen Museen nach Görlitz überführt. Von besonderem Wert sind dabei die Holzskulptur einer "Schönen Madonna" (um 1420) und eine Ölskizze von Michael Willman, dem bedeutendsten schlesischen Malers des Barock.

Schenkungen und Zukäufe erweiterten die Sammlung, sodass eine der bundesweit bedeutendsten Numismatik-Sammlungen entstand und auch viele Keramikgegenstände in den Besitz des Museums gelangten.

Bund und Freisaat Sachsen unterstützten das Museum 2001 beim Erwerb der in Deutschland und Polen umfangreichsten Sammlung zur Geschichte der Breslauer Akademie, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine der wichtigsten Kunstschulen Deutschlands gewesen war.

Bereits in den 70er Jahren gab es Pläne zum Aufbau eines schlesischen Museums in Görlitz. Kurz nach der politischen Wende im Jahre 1991 hatten die Görlitzer Stadtverordneten beschlossen, den Schönhof zum Sitz eines landeskundlichen Museums Schlesien zu machen. Der 1992 gegründete Aufbaustab konnte 1993 mit der Ausstellung „Schlesien - eine Brück in Europa“ Aufmerksamkeit erregen. 1996 wurde per Stadtratsbeschluss der Schönhof in die Stiftung für das Museum eingebracht.

Eine Ausstellung und verschiedene Projekte präsentierten während der Entstehungszeit erste Ergebnisse und gaben einen Ausblick auf die entstehende Dauerausstellung. Träger des Museums ist eine Stiftung, bestehend aus der Bundesrepublik Deutschland, dem Freistaat Sachsen, der Stadt Görlitz und der Landsmannschaft Schlesien. Die Kosten des Museumsbetriebes werden paritätisch von der Bundesrepublik Deutschland und dem Freistaat Sachsen übernommen.

Mehr: http://www.schlesisches-museum.de

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OB Paulick Ministerpräsident Prof. Milbradt Prof. Kiesow Dr. Bauer und OB Paulick Dr. Bauer und OB Paulick Dr. Bauer und OB Paulick
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  • Quelle: /SSK /red
  • Erstellt am 13.05.2006 - 17:45Uhr | Zuletzt geändert am 14.05.2006 - 01:02Uhr
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