Zum 13. August

Deutschland. „Der Bau der Berliner Mauer hat die Spaltung Deutschlands vollendet.“ - so oder ähnlich war es am heutigen 13. August 2007 in den gedruckten Zeitungen zu lesen. Darüber kann man streiten. Nicht streiten kann man darüber, wer die Spaltung Deutschlands eingeleitet hat: Die alte Bundesrepublik.

Anzeige

Wer wundert sich über den Schießbefehl?

Mit der Bildung der Bi- und der Trizone, aber vor allem mit der Einführung der D-Mark wurden im Westen Deutschlands im Interesse der Wirtschaft „Nägel mit Köpfen“ gemacht. Die staatliche Teilung Deutschlands - vielleicht besser als endgültige Entkoppelung der westlichen von der sowjetischen Besatzungszone zu bezeichnen - erfolgte mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland. Die übrigens auch das fragwürdige Verdienst hat, mit Gründung der Bundeswehr die Wiederbewaffnung Deutschlands vollzogen zu haben.

Besonders die von den jetzt „West“Deutschen pfiffig in Form von Krediten ausgereichten Mittel des Marshall-Plans (European Recovery Program - noch heute als ERP-Sondervermögen Grundlage für zinsverbilligte Förderdarlehen) sorgten für einen schnellen Wirtschaftsaufschwung und die „harte“ D-Mark. Das sozialistisch orientierte Wirtschaftssystem des Ostens konnte da nicht mithalten (da haben sich erstmal die Sowjetfreunde befriedigt), insbesondere waren viele ostdeutsche Konsumgüter für D-Mark extrem preiswert erhältlich. Dadurch verschlechterte sich die Versorgung der ostdeutschen Bevölkerung zusätzlich zum bereits knappen Warenangebot.

Nüchtern betrachtet war aus Sicht der DDR-Führung die radikale Grenzschließung aus wirtschaftlichen und politischen Gründen alternativlos. Damit soll der Bau der Mauer nicht gutgeheißen, aber der Blickwinkel der damaligen Machthaber erhellt werden. Anzumerken ist auch, dass zu Beginn der sechziger Jahre das DDR-System für viele von der Naziherrschaft Enttäuschte als „das bessere Deutschland“ erschien.

Wenn ganz aktuell der in Magdeburger Archiven aufgefundene Schießbefehl auch von Ex-DDR-Bürgerrechtlern als „wichtiges Dokument“ stilisiert wird, so ist nur noch ein kollektives Alzheimersyndrom zu diagnostizieren: Die übergroße Mehrheit der jungen Männer in der DDR hat in der NVA gedient, und fast jeder musste auch auf Objektwache aufziehen, wo der „Schießbefehl“ - offenbar wie an der Zonengrenze - Alltag war. Die Belehrung: „Halt, stehen bleiben!“ - „Halt, stehen bleiben, oder ich schieße!“ - Warnschuss in die Luft - gezielter Schuss (wobei nicht angewiesen wurde, auf welche Körperteile zu schießen ist) dürfte noch geläufig sein. Unterschiede nach Alter oder Geschlecht wurden nicht gemacht. Und wer mit diesem Wissen mit Frau und Kindern in den Todesstreifen rannte, der musste wissen - stopp, die Schuld bleibt bei den Schützen und den Befehlenden, vor allem aber bei den Schützen.

Natürlich haben nur Idioten solche Schieß-Befehle ausgeführt. Aber davon gab es schließlich genug. Wo sie geblieben sind? Die Antwort kennt nur allein der Wind . . .

Wie die Antwort auf die Frage nach dem Verbleib der mehr als zwei Millionen SED-Genossen, die offenbar sehr schnell zu Widerstandskämpfern mutierten. Unter dem wohlwollenden Blick (west)deutscher Personalverantwortlicher, die flexible Anpassungsfähigkeit zu schätzen wussten.

Nu ja, wer wegen gar zu roter Vergangenheit gleich zur Wende aus dem VEB ´rausflog wurde schließlich zum Aufbau der neuen unbelasteten Verwaltung dringend gebraucht. Aber das ist schon wieder ein anderes Kapitel deutscher Geschichte . . .

meint Ihr Fritz Stänker

Kommentare Lesermeinungen (0)
Lesermeinungen geben nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion, sondern die persönliche Auffassung der Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich das Recht zu sinnwahrender Kürzung vor.

Schreiben Sie Ihre Meinung!

Name:
Email:
Betreff:
Kommentar:
 
Informieren Sie mich über andere Lesermeinungen per E-Mail
 
 
 
Weitere Artikel aus dem Ressort Weitere Artikel
  • Quelle: /FRS
  • Erstellt am 14.08.2007 - 00:07Uhr | Zuletzt geändert am 14.08.2007 - 00:33Uhr
  • drucken Seite drucken
Anzeige