Neißstraße 30 sowie Handwerk 1 und 2 fertig

Görlitz, 28. Februar 2012. Das aufwendigste städtische Kulturbauvorhaben der letzten Jahrzehnte ist erfolgreich abgeschlossen: Heute wurde der Depot- und Bibliothekskomplexes Handwerk 1 und 2 übergeben. Bei größtmöglichem Substanzerhalt wurden die Gebäude den Nutzeranforderung von Museum und Bibliothek denkmalgerecht saniert, wozu die Brandschutz-Ertüchtigung des Gebäudes, die Erneuerung der gesamten Haustechnik, die barrierefreie Erschließung und die Umsetzung sicherheitstechnischer Anforderungen für die Gebäude Neißstraße 30 und Handwerk 1 und 2 gehören.

Anzeige

Unvorhergesehenes im Bauabschnitt 2

Auf Basis einer Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Freistaat Sachsen und der Stadtverwaltung Görlitz war am 30. Mai 2008 der Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement, Niederlassung Bautzen, mit der Realisierung der Baumaßnahme Neißstraße 30 und Handwerk 1 und 2 beauftragt worden. Den Zuschlag für die Architektenleistungen erhielt nach der Durchführung des Vergabeverfahrens das Büro Milde+Möser aus Pirna Ende Juni 2008, die Fachplaner wurden beauftragt.

Nachdem die Gesamtfinanzierung geklärt war wurde entschieden, die Realisierung in zwei Bauabschnitten durchzuführen, um ausgewählte Bereiche zur 3. Sächsischen Landesausstellung präsentieren zu können.

Der Baustart für den 1. Bauabschnitt - Barockhaus Neißstraße 30 erfolgte am 6. April 2010. Ende Juli 2011 waren die umfangreichen Sanierungsarbeiten abgeschlossen und das Barockhaus öffnete für die Besucher wieder seine Türen.

Der Beginn des zweiten Bauabschnittes (Handwerk 1, Handwerk 2 mit Innenhof und Depots Neißstraße 30) erfolgte im November 2011. Dabei gestaltete sich die Durchführung der Abbruchleistungen im Handwerk 1 äußert kompliziert. Witterungsbedingte Unterbrechungen (starker Frost), archäologische Grabungen und statisch notwendige Aussteifungen sowie Abstützungen führten u.a. zu einer Verzögerung im Bauablauf, die trotz sofort eingeleiteter Maßnahmen (2-Schicht-Betrieb) nicht ganz kompensiert werden konnten.

Gebäudenutzung

Die Fertigstellung der Sanierung des Bibliotheks- und Museumskomplexes Neißstraße 30 und Handwerk 1 und 2 ist ein besonderes Ereignis in der über 650-jährigen Görlitzer Bibliotheksgeschichte. Zum ersten Mal gibt es ein eigenständiges Funktionsgebäude für die historischen Büchersammlungen der Stadt Görlitz. Das zugleich entstandene Depot für die Exponate des Kulturhistorischen Museums sichert dem kulturellen, künstlerischen und wissenschaftlichen Gedächtnis der Stadt Görlitz den Fortbestand.

Das neue Bibliotheksgebäude Handwerk 2 bietet optimale Bedingungen für den Erhalt und Benutzung der kostbaren Werke aus tausend Jahren Buch- und Schriftgeschichte, es bietet den Lesern aber auch ausgezeichnete Bedingungen für eigene Beschäftigung mit der Geschichte unserer Stadt und der Oberlausitz. Vergangen sind die Zeiten, in denen Leser und Bibliothekare unter äußerst beengten Verhältnissen arbeiten mussten. Im neuen Gebäude gibt es erstmals einen Lesesaal, der diesen Namen zu Recht trägt – mit tausenden Bänden aktueller Literatur zur Regionalkunde in Freihandaufstellung. Hier steht auch der elektronische Katalog der Oberlausitzische Bibliothek der Wissenschaften zur Verfügung. Er weist gegenwärtig ca. 125.000 Titel des Bestandes nach. Dennoch bleiben auch die alten Zettelkataloge, die zum Teil noch aus dem 19. Jahrhundert stammen, weiter unverzichtbar. Mit dem zur Verfügung stehenden Personal wird es noch viele Jahre benötigen, bis alle Bände elektronisch nachgewiesen sind.

Die neuen Magazine verfügen auf 2,5 Kilometer Regalfläche über Platz für rund 75.000 Bände. Das hört sich sehr viel an und doch ist das Meiste davon bereits belegt. Bei der Umgestaltung des Museums im Barockhaus wurden zahlreiche Räume, die vordem mit Bibliotheksbeständen bestückt waren, zu Ausstellungsräumen umgestaltet. Diese Bände finden jetzt in den nach modernen konservatorischen und sicherheitstechnischen Aspekten ausgerüsteten fünf neuen Bibliotheksmagazinen ihren Platz. Eines davon ist separat klimatisiert. Es wird künftig die wertvollsten Bestände der Bibliothek aufnehmen. Bücher aus der Zeit Johannes Gutenbergs und Handschriften aus dem Archiv der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften gehören dazu.

Bei der Planung und Ausstattung wurde darauf geachtet, dass mit den vorhandenen Mitteln sorgfältig und sparsam umgegangen wird. Rollregalanlagen ermöglichen eine maximale Auslastung aller Räume, in den Magazinen wird in großem Umfang vorhandene Regaltechnik weiter verwendet und auch in den Arbeitsräumen der Mitarbeiter wird so weit wie möglich vorhandenes Mobiliar weiter genutzt. Neuanschaffungen sind auf eine lange Nutzungsdauer ausgelegt. Hier kann die Ausstattung des historischen Büchersaales mit seinen markanten Bogenregalen ein Maßstab sein. Die über zweihundert Jahre alten Regale versehen noch heute ihren Dienst und sind zum optischen Erkennungszeichen der OLB geworden. Der neue Lesesaal der Bibliothek wird ebenso zeitlos, zweckmäßig und ansprechend sein.

In ihren Räumen wird die Oberlausitzische Bibliothek der Wissenschaften zukünftig wesentlich besser ihren Aufgaben als wissenschaftliche Regionalbibliothek für das Gebiet zwischen Dresden und Breslau (Wrocław) gerecht werden können. Die langjährigen Arbeiten bei der digitalen bibliographischen Erfassung des historischen Altbestandes ermöglichen Wissenschaftlern und Laien gleichermaßen die Online-Suche in den Beständen. Die markant bessere Sichtbarkeit der Bestände durch die Einbindung der Katalogdaten in die großen nationalen Nachweissysteme trägt inzwischen deutliche Früchte. Fernleihwünsche und wissenschaftliche Anfragen haben stark zugenommen. Viele davon können über den Weg der Digitalisierung beantwortet werden - aber die Arbeit „vor Ort“ im Lesesaal wird nach wie vor unersetzlich bleiben. Dafür bestehen jetzt beste Bedingungen.

Das Depotgebäude Museum - Handwerk 1 verfügt über ca. 1.000 Quadratmeter Grundfläche, die dank der eingebauten Rollregale eine viel größere Lagerfläche bieten. Rund 500.000 Objekte werden dort untergebracht: ca. 60.000 Grafiken, rund 500 Gemälde (die an Gitterschiebewänden platziert werden), mehr als 2.000 Kisten Archäologie, 24 Paletten mit großen Spolien, ca. 250 Stück kleinere Spolien, über 100 Kartons mit Textilien, mehr als 100 Kisten mit Waffen, 80 Herbarium-Kartons, mehr als 20 Kartons mit Abzeichen, 50 Kartons mit Münzen und Medaillen, 20 Kartons Siegel und zehn Kartons mit Schmuck.

Dank der Zentralisierung des Sammlungsbestands im neuen Depot können bisher genutzte Objekte und Außenlager - wie auf der Arndtstraße und im Vogtshof - leergeräumt werden.

Kosten


Die Finanzierung der Maßnahme wurde zum überwiegenden Anteil aus dem Bund-Länder-Programm "Städtebaulischer Denkmalschutz“ (SDP) Fördergebiet "Historische Altstadt“ in Görlitz ermöglicht. Die Förderquote beträgt 80 Prozent. Die Stadt beteiligt sich mit 20 Prozent Eigenmittel an der Sanierung. Unterstützt wurde das Vorhaben auch mit Mitteln der Altstadtstiftung.

Die Gesamtkosten teilen sich wie folgt auf:

Fördermittel:

Bund: 3.507.200 Euro
Land: 3.507.200 Euro
Eigenmittel: 1.898.100 Euro
Mittel Altstadtstiftung: 53.700 Euro
Summe insgesamt: 8.966.200 Euro

Die genehmigten Gesamtbaukosten werden nach derzeitigem Abrechnungsstand nicht überschritten und der im Rahmen der 30. Baukommissionssitzung genannte Übergabetermin 28. Februar 2013 konnte für die Innutzungnahme der Gebäude eingehalten werden.

Kleinere Restleistungen im Außenbereich/Fassade werden im Frühjahr noch realisiert.

Tag des offenen Depots
Sonntag, 3. März 2013, 10 bis 17 Uhr.

Abbildung:
(v.l.n.r.) Dr. Jasper von Richthofen, Leiter des Kulturhistorischen Museums; Dr. Michael Wieler, Bürgermeister der Stadt Görlitz; Siegfried Deinege, Oberbürgermeister der Stadt Görlitz

Kommentare Lesermeinungen (0)
Lesermeinungen geben nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion, sondern die persönliche Auffassung der Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich das Recht zu sinnwahrender Kürzung vor.

Schreiben Sie Ihre Meinung!

Name:
Email:
Betreff:
Kommentar:
 
Informieren Sie mich über andere Lesermeinungen per E-Mail
 
 
 
Weitere Artikel aus dem Ressort Weitere Artikel
  • Quelle: red | Foto: Stadtverwaltung Görlitz
  • Erstellt am 01.03.2013 - 00:32Uhr | Zuletzt geändert am 01.03.2013 - 00:56Uhr
  • drucken Seite drucken
Anzeige