Oberlausitz: Arbeitsplätze in der Heimat

Oberlausitz: Arbeitsplätze in der HeimatEbersbach-Neugersdorf, 11. Juli 2013. TEB. Ein teilweises Abbild des Arbeitsmarktes im Landkreis Bautzen und im Landkreis Görlitz bot gestern die zweite "offene Arbeitsplatzbörse" im Oberlausitzer Konzert- und Veranstaltungshaus, zu der das Jobcenter Landkreis Görlitz in Kooperation mit dem Jobcenter Landkreis Bautzen eingeladen hatte. Hier stießen die rund 30 Arbeitsplatz- und Ausbildungsanbieter auf deutliches Interesse.

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"Wo klemmt´s?", fragt Fritz R. Stänker

"Wo klemmt´s?", fragt Fritz R. Stänker
Gut besucht: Sie zweite offene Arbeitsplatzbörse der Jobcenter der Landkreise Bautzen und Görlitz stieß auf viel Interesse.
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Der direkte Kontakt ist noch immer der beste, das gilt auch für Arbeitssuchende und jene, die Stellen zu besetzen haben. So ist die offene Arbeitsplatzbörse eine gute Idee, die zudem offensichtlich dankbar angenommen wurde. Unterstützend dürfte gewirkt haben, dass die Bezieher von Hartz IV gleich am Eingang einen Nachweis für ihr Erscheinen erhielten, der zu einem Fahrkostenzuschuss berechtigt.

Näher betrachtet, differenziert sich das Bild: Der hohe Anteil an Zeitarbeitsfirmen dürfte für viele Arbeitssuchende weniger attraktiv gewesen sein. Auch Ehrenamts-Angebote und auf die Hartz IV-Klientel zugeschnittene 100-Euro-Jobs (soviel dürfen Arbeitslosengeld-2-Empfänger abzugsfrei dazuverdienen) machen nicht satt.

Um so mehr ist zu würdigen, dass einige Unternehmen aus dem produzierenden Bereich den Aufwand nicht gescheut haben, einen ganzen Tag in die Arbeitsplatzbörse zu investieren und präsent zu sein. Besonders hier gab es auch Nachfrage nach Personal, das höher als ein Facharbeiter qualifiziert ist, so nach Ingenieuren.

Mit etlichen Stellenangeboten waren die Jobcenter der beiden Landkreise angerückt. Der von drei Damen betreute Bautzener Stand hatte Ausbildungsplätze und Stellenangebote, die sich meist an Facharbeiter richteten, übersichtlich an Pinnwänden angebracht. Die Stellenangebote des Görlitzer Jobcenters waren auf kleineren Zetteln im Regal schlechter erkennbar und mussten teils auf Wühltischen nach dem Zufallsprinzip gesucht werden. Dafür schienen die - meist jungen - Damen und Herren des Jobcenters Landkreis Görlitz gleichsam omnipräsent, waren sie doch im Dutzend angereist.

Kommentar:

Offene Stellen und Arbeitssuchende: So eine Arbeitsplatzbörse hilft, dass beides zusammenkommt. Wenn die Stellen trotz hoher Arbeitslosigkeit nicht besetzt werden können, muss man fragen, wo es klemmt. Sind es arbeits- oder qualifikationsunwillige oder gar unfähige Arbeitslose? Oder hapert es bei Bezahlung, Betriebsklima, Familienfreundlichkeit, Mitarbeiterführung etc. pp.? Vermutlich kommen viele Faktoren zusammen, so dass sich längst eine verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit etabliert hat, aus der für viele ein Ausbruch kaum noch möglich scheint.

Ein Stück Schuld daran tragen auch die Arbeitsagenturen und Jobcenter selbst, haben sie die Langzeitarbeitslosen doch längst zu Arbeitslosengeld-Junkies gemacht, die nur noch tun, was das Amt vorgibt. Es wird suggeriert, dass, wenn die Behörde keine freie Stelle im Angebot hat, eben kein Arbeitsplatz verfügbar ist – der freie Arbeitsmarkt ist gleichsam ausgeblendet.

Durch die unsinnigen Zertifizierungsauflagen sind auch die Möglichkeiten der privaten Arbeitsvermittler eingeschränkt worden – im Gegenteil, es haben sich halbseidene Strukturen herausgebildet, wo ein zertifizierter Arbeitsvermittler einem Strukturvertrieb gleich nichtzertifizierte Dienstleister auf Provisionsbasis laufen lässt.

Da haben die Jobcenter in der Tat einen schweren Job, wenn ihr Name Programm sein soll.

Als Peinlichkeit ist die an Thälmann-Pioniere erinnernde Blusen/Hemden-Uniformierung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Jobcenters Landkreis Görlitz zu erwähnen: Mit dem "Fußabdruck"-Emblem auf dem linken Ärmel konnte bei den Damen auch die grüne Farbe des Halstuchs das beklemmende Déjà-vu nicht verhindern. Früher kauften Arbeitgeber ihren Leuten zu Messeauftritten einheitliche Klamotten, wenn die nicht in der Lage waren, sich selbst schick anzuziehen. Das ist längst "out" und für einen Landkreis, der die rote Wohlstandslaterne hochhält, völlig unangemessen. Gottlob hat der Landkreis Bautzen für seine Standbetreuerinnen auf solche Marotten verzichtet.

Muss eine Behörde ein derart übertriebenes Corporate Design an den Tag legen und ihre Beschäftigten wie Hostessen einkleiden? Reicht die Veralberung der Arbeitssuchenden als "Kunden" nicht aus? Ehrlicher wäre eine richtige Uniform, die Macht und Distanz ausdrückt.

Außerdem muss das Logo des Landkreises eh bald geändert werden. Wenn das sorbische Siedlungsgebiet bei Schleife / Slepo durch den Tagebau Nochtern II abgebaggert wird, entfällt beim Landkreis-Fußabdruck-Logo der große Zeh,

befürchtet Ihr Fritz R. Stänker


Der Görlitzer Anzeiger hatte am 6. Juli 2013 angekündigt:
Offene Arbeitsplatzbörse in Ebersbach/Sa.

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Kommentare Lesermeinungen (2)
Lesermeinungen geben nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion, sondern die persönliche Auffassung der Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich das Recht zu sinnwahrender Kürzung vor.

Sorbenrettung

Von Fritz R. Stänker am 11.07.2013 - 16:02Uhr
Der Hinweis auf den künftigen See "Nochten II" bringt mich auf den Gedanken, dass man den Sorben ihre angestammte Siedlungsregion erhalten könnte, indem man sie auf eine Arche Noah verfrachtet - was aber nicht den Verbleib während jener Zeit klärt, in der man die Braunkohle ausbuddelt, damit hier noch ein weiterer See entstehen kann.

Zeh ab!

Von görzelec am 11.07.2013 - 12:42Uhr
Gut gestänkert, Herr Stänker!

Aber das mit dem fröhlich selbst amputierten Zeh renkt sich ja wieder ein. An dessen Stelle gibt es dann da oben in ein paar Jahrzehnten einen See.

Womit das Landkreissymbol die Lebenswirklichkeit eines Großteils seiner Bewohner trefflich spiegeln wird: beide haben Wasser in den Beinen.

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  • Quelle: TEB | Fritz Rudolph Stänker | Fotos: BeierMedia.de
  • Erstellt am 11.07.2013 - 05:46Uhr | Zuletzt geändert am 12.12.2022 - 15:04Uhr
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