Totgesagte leben länger

Totgesagte leben längerGörlitz, 14. Dezember 2022. Seit dem Einzug des Personal Computers und vor allem der E-Mail in die Büros wurde der Job der Sekretärin immer wieder totgesagt. Über den Wandel eines Berufsbildes und moderne Sekretariatsdienstleistungen.

Abb.: In manchen Einrichtungen wird bei der Sekretärin abgeladen, wozu man selbst keine Lust hat
Symbolfoto: Jörg Möller, Pixabay License
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Vom Fräulein zur Office Managerin

Noch in der Mitte der 1980er Jahre waren in den "DDR"-Betrieben handschriftliche Mitteilungen üblich. Für formgebundene Schreiben wurde die Vorlage in ein Sekretariat gegeben, wo der im Grunde immer weibliche "Facharbeiter für Schreibtechnik" den Text abtippte.

Diese Facette des Sekretariats-Jobs inklusive des Rufs "Fräulein, bitte zum Diktat" ist heute ausgestorben. Tatsächlich erledigen Führungskräfte ihren Schriftverkehr meist selbst, insbesondere dann, wenn er per E-Mail erfolgt. Eine glückliche Lösung in Bezug auf Aufwand und Ergebnis ist das nicht immer, aber die Möglichkeit, den Arbeitsplatz der Sekretärin in seiner Gesamtheit aus Person sowie Platz- und Technikbedarf einzusparen, ist immer wieder ausschlaggebend.

Allerdings ist der Job der Sekretärin, der weit mehr als die Schreibarbeiten der "Tippse" umfasst, durchaus erhalten geblieben, nur unter anderem Namen. Executive Administrative Assistant, Office Managerin oder Büroleiterin – selbstverständlich auch in der männlichen Form – klingt nicht nur besser, sondern drückt aus, worum es geht. Die Vielfalt der Anforderungen wird deutlich, wenn Führungskräfte eine Bürostruktur einführen.

Ohne Sekretärin geht es nicht

Es gibt im Geschäftsleben Situationen, in denen ein Sekretär oder eine Sekretärin unverzichtbar sind. Typisch ist die Filterfunktion bei eingehenden Anrufen: Die Sekretärin entscheidet, wer durchgestellt wird, wer sich auf anderem Wege mühen muss oder wer einfach nur abgewimmelt wird. Nur Naive nehmen den Satz “Rufen Sie doch gern in einem Jahr noch einmal an!” ernst, denn es handelt sich um nichts anderes als eine höfliche Form des Abwimmelns.

Auch bei ausgehenden Anrufen kann die moderne Sekretärin unentbehrlich sein. Hier typisch ist etwa die Situation, wenn ein Unternehmensinhaber zwecks schneller Klärung einer Anfrage einen anderen, ihm bislang nicht persönlich bekannten, anrufen möchte. Würde er selbst zum Telefon langen, würde das Gespräch vielleicht im Vorzimmer des gewünschten Gesprächspartners ankommen. Die Sekretärin fragt dann gewöhnlich, worum es denn geht. Die für den Unternehmer naheliegende Antwort “Das bespreche ich mit Ihrem Chef direkt!” kommt jedoch gewöhnlich nicht gut an. Folge: Die Sekretärin lässt erst einmal spüren, wer in ihrem Büro das Sagen hat, was die Atmosphäre weiter vergiftet.

Um genau das zu vermeiden wird der den Kontakt wünschende Chef seine Sekretärin beauftragen, den Kontakt herzustellen. Wenn diese dann in dem anderen Sekretariat anruft, sind die Ebenen eingehalten und beide können einen Telefontermin für ihre Chefs vereinbaren.

Das Sekretariat als unproduktiver Bereich

In kleineren und vielen mittleren Unternehmen ist das Sekretariat ein heftiger Kostenfaktor. Anders als in der Produktion, im Verkauf oder etwa im Einkauf oder in der Unternehmenssteuerung kann im Sekretariat kein Gewinn erwirtschaftet werden – und dennoch geht es nicht ohne.

Je nach Branche, in der man unterwegs ist, können sehr viele bürokratische Auflagen zu erfüllen sein oder es gibt sehr viele Einzelkunden, die immer wieder mal eine simple Rückfrage haben. Oft geht es etwa um verlorengegangene Rechnungen, Fragen nach Terminen oder das Feedback oder das telefonische Nachfassen nach Werbeaktionen. Selbst der Versand der Weihnachtsgrüße ist eine typische Sekretariatsaufgabe – wirklich?

Entscheidungshilfe für Arbeitgeber

Als Arbeitgeber muss man genau überlegen, welche der zu erbringenden Leistungen man von eigenem Personal erledigen lässt und welche von Dienstleistern – abgesehen von einem kuriosen Fall, in dem ein Angestellter seinen eigenen Job outgesourct und weiter Gehalt kassiert hat.

Für die gar nicht so einfache Entscheidung ob Outsourcing oder nicht ist es hilfreich, einige Fragen zu beantworten:


    • Sind die vorhandenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Aufgaben, die sie erledigen, gewachsen oder gibt es spezialisierte Anbieter, die das besser können?
      Merke: Was andere besser können, sollte man ihnen gewöhnlich überlassen.

    • Fallen die Aufgaben in konstantem Umfang an oder saison- beziehungsweise aktionsweise?
      Merke: Konstante Lohnkosten bei schwankendem Arbeitsvolumen führen zu Kostengräbern.

    • Sind zur Erfüllung der Aufgaben Insiderwissen oder häufige innerbetriebliche Abstimmungen nötig oder handelt es sich um eher formale Prozesse, für die die notwendigen Informationen etwa online bereitgestellt werden können?
      Merke: Klare Schnittstellen zu externen Anbietern können mental entlastend wirken, weil unter anderem Belastungen aus der Mitarbeiterführung entfallen.


Hier ist aufgelistet, was ein professioneller Sekretariatsservice für Unternehmen leisten sollte und welche Kosten damit verbunden sein können. Interessant ist, dass eigene Angestellte kaum günstiger sind, dafür aber die Vertretung bei Urlaub oder Krankheit vom Dienstleister gewährleistet wird.

Tipp:
Wenn wie in vielen kleinen Handwerksbetrieben die Ehefrau des Inhabers das Sekretariat oder Backoffice übernommen hat, sollte das Thema eines eventuellen Dienstleisters für diesen Aufgabenbereich sehr sensibel angesprochen werden und möglichst erst im neuen Jahr, denn der familiäre Weihnachtsfriede könnte gefährdet sein. Andererseits wird die Befreiung von Routinearbeiten immer wieder als wohltuend empfunden.

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  • Quelle: TEB | Foto: Jörgelmann / Jörg Möller, Pixabay License
  • Erstellt am 14.12.2022 - 13:31Uhr | Zuletzt geändert am 16.12.2022 - 00:57Uhr
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